Pipelinestähle für extreme Anforderungen
Pipelinestähle für den Öl- und Gastransport müssen besonderen, zum Teil extremen Anforderungen genügen. Es geht dabei nicht nur um Langlebigkeit der Stähle: „Hinzu kommen Erfordernisse, sowohl dem hohen Betriebsdruck beim Rohstofftransport, hohen mechanischen Beanspruchungen als auch Umwelteinflüssen wie extremen Temperaturen standzuhalten. Hier sind spezifische Werkstoffeigenschaften in punkto Festigkeit und Zähigkeit gefordert“, betont das Unternehmen.
Ausgeliefert wurde das Warmbreitband in die Türkei, wo Borusan Mannesmann die Leitungsrohre produziert. Borusan, exklusiver Rohrlieferant für das texanische Pipelineprojekt, stellte in diesem Projekt auch zum ersten Mal 24,5 Meter lange Spiralrohre her. 2016 wird die Endfertigung vor Ort in den USA stattfinden.
Ob Nord Stream, TAP oder Johan-Sverdrup-Ölfeld – die Pipelinerohre müssen also widrigen Umständen standhalten. Für die nötige Widerstandsfähigkeit sorgt die passende Außenbeschichtung der Rohre. Sie soll die Stahlrohre vor Korrosion schützen. „Bei in der Erde oder im Wasser verlegten Pipelines wird die schützende Lackschicht direkt auf die Metalloberfläche aufgetragen“, erläutert das Deutsche Lackinstitut. Mit Schichtdicken zwischen 300 und 500 Mikrometern biete sie für lange Zeit einen wirksamen Schutz vor Korrosion und anderen Umwelteinflüssen.
Beschichtungen ermöglichen Langlebigkeit
Eine häufige Schutzvariante ist laut dem Lackinstitut eine Epoxy-Pulverlackbeschichtung. Dazu werden die Rohre mit einer Polyethylenschicht umwickelt, bevor sie meist durch eine Wasserwand wieder heruntergekühlt werden, damit sie verladen und transportiert werden können. „Die Polyethylenschicht sorgt insbesondere bei unter Wasser oder in der Erde verlegten Pipelines für einen zusätzlichen Schutz vor mechanischen Einflüssen.“
Manchmal ist die Außenbeschichtung noch nicht ausreichend. So erhielten bei der 1.223 Kilometer langen Nord-Stream-Pipeline die Rohre zusätzlich noch einen 60 bis 112 Millimeter dicken Betonmantel. „Damit liegen sie in einer Tiefe zwischen fünf und 250 Metern stabil auf dem Meeresboden und können nicht verrutschen“, so das Lackinstitut.
Auch eine Beschichtung im Inneren ist notwendig. So genannte Durchflusseffizienzbeschichtungen oder Flow Coatings verringern die Reibung des Gases an der Rohrinnenoberfläche. „Sie sollen die Innenflächen von Pipelines noch strömungsgünstiger machen.“ Die Schichtdicken im Innenbereich variieren je nach Medium, das durch sie transportiert wird. „Bei Gaspipelines sind das in der Regel lösemittelfreie Epoxidharzbeschichtungen mit Schichtdicken zwischen 50 und 100 Mikrometern“, so das Institut. Je nach Druck in der Pipeline werden Rohre mit unterschiedlicher Wandungsstärke verwendet.
Entmagnetisierte Großrohre
Auch die Schweißnähte werden unter unwirtlichen Umgebungen herausgefordert. Eine Variante, die Güte der Naht zu sichern und sie nicht zu einer Schwachstelle werden zu lassen, ist die Entmagnetisierung der Rohre. „Die Magnetisierung kann einerseits beim Walzen, Fräsen, Formen und Plasmaschneiden der Stahlbleche entstehen und andererseits beim Unterpulver-Schweißen der Spiral- oder Längsnahtrohre“, erklärt Dietmar Rieser, Geschäftsführer von Schuler ATIS. Beim Zusammenschweißen der Rohrenden im Feld werde der Lichtbogen bei zu hohem Restmagnetismus abgelenkt, was die Qualität der Naht beeinträchtige. „Bei entmagnetisierten Großrohren ist das nicht der Fall.“ Jüngste Ergebnisse deuteten zudem auf eine erhöhte Korrosion von nicht entmagnetisierten Rohren hin, berichtet Schuler ATIS.
Eine hohe Betriebsfestigkeit für den Werkstoff und dessen Verbindungsstellen ist also Bedingung für eine Langlebigkeit einer Pipeline. „Null Fehler“ in der Schweißnaht sei daher die geforderte Realität, unterstreicht Salzgitter Flachstahl. Zunehmend wichtiger werde die Sauergasbeständigkeit. Denn „es werden immer häufiger Öl- und Gasquellen mit hohem Schwefelwasserstoffgehalt angeschlossen und ausgebeutet“, erläutert das Unternehmen. Diese Medien seien zudem hoch korrosiv, wenngleich auf der atomaren Ebene und mit bloßem Auge nicht erkennbar. Die Eigenschaften und die chemische Zusammensetzung von Stählen für Großrohre seien, so Salzgitter Flachstahl, in mehreren Normen wie der EN 10028, EN 10208 oder API 5L beschrieben. Standards sind im Pipelinegeschäft also immens wichtig.
Zerplatzte Pipelineträume
Auch wenn im Pipelinesektor viel Bewegung ist – nicht alle Träume von guten Geschäften durch Großprojekte erfüllten sich in den vergangenen Jahren. So wurde vor drei Jahren das Nabucco-Projekt eingestellt, das Erdgas von Aserbaidschan nach Mitteleuropa transportieren sollten. Für die South Stream, die russisches Gas durch das Schwarze Meer nach Südost- und Südeuropa liefern sollte, kam Ende 2014 das Aus. Die politischen Entwicklungen hatten die South Stream eingeholt. Auch ob die Turkish Stream – aus Sicht Russlands – als Ersatz für die South Stream gebaut wird, wird auf politischer Ebene entschieden. In der Diskussion ist mittlerweile auch der Bau einer Nord Stream 2 durch die Ostsee, allerdings ist auch sie in Europa umstritten.
Neben politischen Entwicklungen – gerade in den vergangenen Jahren – entscheiden zunehmend auch ökologische Aspekte über die Realisierung von Pipelines. So lehnte US-Präsident Barack Obama die Genehmigung für die Errichtung der Öl-Pipeline Keystone XL von der kanadischen Provinz Alberta über knapp 2.000 Kilometer bis zum US-Bundesstaat Texas ab. Als Grund hierfür wurde der Klimaschutz genannt. Hintergrund: Das Öl wird aus klimaschädlichen Teersanden gewonnen. Zugleich benötigen die USA mittlerweile nicht mehr kanadisches Erdöl in gleichem Umfang, weil der intensive Einsatz von Fracking in den vergangenen Jahren für eine starke zusätzliche Quelle sorgte.
Rohrhersteller gucken nicht in die Röhre
Gekippt wurden auch die Pläne für eine Ölförderung in der Tschuktschensee vor der Küste Alaskas. Aus Sicht von Shell war der zu erwartende Ertrag bei gleichzeitig hohen Kosten nach Probebohrungen nicht so wie erhofft. Der Ölkonzern cancelte schließlich das Projekt doch noch. Woraufhin Umweltschützer jubelten, die vor den Folgen für die Natur gewarnt hatten. Manche Experten munkeln, dass der lautstarke Protest auch eine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben könnte.
Auch wenn mancher Traum wie eine Seifenblase platzte, werden weltweit weitere Pläne für Pipelines – zum Beispiel für die großen Märkte im asiatischen Raum – geschmiedet und liegen noch zahlreiche Ideen in den Schubladen der Planer. Leistungsfähige Rohrhersteller werden also auch zukünftig nicht in die Röhre gucken müssen.
Zu sehen sind Innovationen aus der Rohrbranche auf der Tube Düsseldorf vom 16. bis 20. April 2018.