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FA 05

Kunststoffrohre: Marktanteil im Abwasserbereich steigt.

Mit etwa 60 Unternehmen, die jährlich rund 3,7 Mrd. Euro umsetzen und ca. 13.500 Menschen beschäftigen, ist die Kunststoffrohr-Industrie innerhalb der deutschen Wirtschaft keine allzu große Branche. Zum Vergleich: Die gesamte Kunststoffindustrie Deutschlands mit ihren Erzeugern, Verarbeitern und Maschinenherstellern erzielt einen Jahresumsatz von über 70 Mrd. Euro. Die Kunststoffrohr-Industrie spielt jedoch eine wichtige Rolle beim Bau und bei der Instandhaltung von Gas- und Trinkwasserversorgungssystemen, Abwasserkanälen und -leitungen sowie Sanitär- und Heizungssystemen. Weitere bedeutende Anwendungsfelder für Kunststoffrohrsysteme sind in der Chemie-, Pharma- und Umwelttechnik sowie in der Geothermie und Biogas-Erzeugung zu finden.

Dank der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten konnte die Kunststoffrohr-Industrie nach der Finanzmarktkrise 2008/2009 schnell wieder auf Wachstumskurs gehen. So stieg nach Angaben des Kunststoffrohrverbandes e.V. in Bonn (www.krv.de und www.wipo.krv.de) die Produktion der Branche in 2011 gegenüber dem Vorjahr um fast 10 Prozent. In der vergangenen Dekade lag die durchschnittliche Zuwachsrate damit bei immerhin rund vier Prozent pro Jahr.

Der Erfolg beruht unter anderem darauf, dass Kunststoffrohrsysteme den Abwassermarkt zu Lasten anderer Rohrwerkstoffe immer stärker erobern. So stieg nach Berechnungen des KRV der relative Marktanteil von Kunststoffrohren in diesem Sektor im Vergleich zu Betonrohren auf mittlerweile 20 Prozent.

Aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen
Den negativen Auswirkungen der europäischen Staatsschuldenkrise auf die Realwirtschaft kann sich zwar auch die Kunststoffrohr-Industrie nicht entziehen. Dennoch „führt der Pfad langfristig bergauf“, wie der KRV-Geschäftsführer Dr. Elmar Löckenhoff im Jahresbericht 2012 des Verbandes schreibt. Aktuell stehe die Branche freilich vor einigen wirtschaftlichen Herausforderungen. Dazu gehören eine ausgeprägte Wettbewerbssituation in den Märkten für Standardanwendungen aufgrund von Überkapazitäten, immer kurzfristigere und stärkere Rohstoffpreisschwankungen sowie eine zunehmende Unternehmenskonzentration auf den Absatzmärkten.

Als Beispiel wird die sich verstärkende Konzentration im Baustoffhandel angeführt. Sie betrifft vor allem diejenigen Kunststoffrohrhersteller, die aufgrund geringerer Exportmöglichkeiten hauptsächlich auf dem deutschen Markt tätig sind. Insgesamt exportiert die deutsche Kunststoffrohr-Industrie etwas mehr als ein Viertel ihrer Produktion, im Wesentlichen Rohrsysteme für spezielle Anwendungen mit hohem Wertschöpfungspotenzial. Im Branchenvergleich ist die Exportquote der deutschen Kunststoffrohr-Industrie damit eher als gering zu bezeichnen. So exportieren beispielsweise die deutschen Stahlrohrhersteller über 90 Prozent ihrer Produktion. Dennoch sieht der KRV im Export einen für die Branche wesentlichen Stützpfeiler der Binnenkonjunktur.

Im Jahr 2011 wurden in Deutschland insgesamt 700.000 Tonnen Kunststoff-Rohrsysteme hergestellt, davon 89 % (etwa 623.000 Tonnen) für Tiefbauanwendungen. Der Markt für Abwasserrohrsysteme ist dabei der größte Absatzmarkt für Kunststoffrohre: Mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion geht in die Abwassertechnik. Auf Trinkwasseranwendungen entfallen 19,6 %, auf Kabelschutzrohre 12,5 % und auf Kunststoffrohre für die Gasversorgung 6,2 %. Die bereits erwähnte zunehmende Akzeptanz von Kunststoffrohrsystemen in der Abwassertechnik ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Mit der 2011 produzierten Gesamtmenge wurde im übrigen der Rekordwert des Jahres 2007 (710.000 Tonnen) nur knapp verfehlt.

Mit einem Anteil von 11 Prozent an der gesamten Produktionsmenge ist der Hochbau als Absatzmarkt deutlich kleiner. Bei den Anwendungen in diesem Teilsektor dominiert die Gebäudetechnik vor der Industrie und der Landwirtschaft. Die Kunststoffrohr-Industrie konnte von der positiven Entwicklung im Hochbau profitieren, die der KRV auf die Konjunkturprogramme der Bundesregierung und ein geändertes Anlegerverhalten zugunsten von Sachwertinvestitionen zurückführt. Die steigenden Auftragsbestände im Wohnungsbau kamen demnach den Herstellern von Kunststoffrohrsystemen für die Haus- und Gebäudetechnik zugute.

Seit einigen Jahren unverändert ist die Rangfolge der verschiedenen Werkstoffe, die für die Herstellung von Kunststoffrohren genutzt werden. Die meisten Rohre und Formteile werden seit dem Jahr 2005 aus Polyethylen (PE) gefertigt. Auf diesen Kunststoff entfielen zuletzt 355.000 Tonnen, auf Polyvinylchlorid (PVC-U) 261.000 Tonnen und auf Polypropylen (PP) 84.000 t.

Veränderungen waren in den vergangenen Jahren dagegen im Außenhandel zu verzeichnen. Zwar liegen die Importe mengenmäßig deutlich unter den Exporten, aber die Ausfuhren deutscher Hersteller von Kunststoffrohrsystemen legten zuletzt  prozentual weniger stark zu als die Einfuhren. Mit 179.000 Tonnen bei den Exporten gegenüber einer Importmenge von 56.000 Tonnen war jedoch auch 2011 ein klarer Außenhandelsüberschuss zu verzeichnen. Die unterschiedliche Entwicklung der Importe und Exporte sieht der KRV freilich als Beleg für einen zunehmenden Konkurrenzdruck aus den EU-Mitgliedsstaaten.

Geschäftsklima in 2012 verschlechtert
Die laut KRV „insgesamt zufriedenstellenden Absatzentwicklung des Jahres 2011“ setzte sich im vergangenen Jahr nicht in gleichem Maß fort. So verzeichnete die Branche im ersten Quartal 2012 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zwar Produktionszuwächse bei Rohrsystemen aus PE und PVC-U, jedoch auch Rückgänge bei PP und Glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK). Einem Produktionsplus von immerhin 12,3 Prozent bei PE-Rohrsystemen und 2,2 Prozent bei PVC-U standen demnach Rückgänge um 4,9 Prozent bei Rohrleitungssystemen aus PP und ein Minus von 8,7 Prozent bei GFK-Rohren gegenüber. Addiert ergibt sich daraus in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres eine Produktionszunahme um 4,6 Prozent auf 188.659 Tonnen (1. Quartal 2011: 180.372 Tonnen). Damit lag das Absatzniveau weiterhin im positiven Bereich und über dem des Vorjahres.

Weniger erfreulich als das Absatzniveau gestaltete sich nach Angaben des KRV die Ertragssituation der Unternehmen, die „aufgrund der volatilen Rohstoffpreise stark unter Druck“ geriet. Verbandsangaben zufolge lag der Anstieg beim Preisindex für Kunststoffrohre deutlich unter den Rohstoffpreisveränderungen, vor allem bei den Werkstoffen PE und PVC-U. Die exorbitant gestiegenen Rohstoffpreise seit Jahresbeginn bis April 2012 sorgten dafür, dass die Herstellungskosten deutlich über Vorjahresniveau lagen. Wie in anderen Branchen auch sieht man in der Kunststoffrohr-Industrie die immer kurzfristiger und stärker schwankenden Rohstoffpreise als wachsenden Herausforderung für die Ertragslage.

Seit Ende 2008 erhebt der Kunststoffrohrverband vierteljährlich den KRV-Geschäftsklimaindex, für den ein externes Beratungsunternehmen einen aktuellen und belastbaren Indikator über die Entwicklung und Erwartung der Geschäfte teilnehmender Hersteller von Kunststoffrohren, Formstücken und Kunststoffrohrsystemen ermittelt. Die sich verändernde Konjunkturlage zeigte sich bereits im Geschäftsklimaindex für das erste Quartal 2012. Während der Geschäftsklimaindex für Kunststoffrohre nur knapp unter dem Niveau des Vorjahres lag und der Wert für die Geschäftserwartung sogar noch zunahm, ging der Index für die Geschäftslage in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum vierten Quartal 2011 deutlich zurück.

Schon der folgende Geschäftsklimaindex für das zweite Quartal 2012 zeigte einen massiven Einbruch im Vergleich zum ersten Quartal. Sowohl der Wert für die Geschäftslage als auch der Index für die Geschäftserwartung hinsichtlich des dritten Quartals 2012 zeigte einen deutlichen Rückgang.

Dem KRV zufolge beeinträchtigten vor allem Rohstoffpreiserhöhungen, verschobene oder gestrichene Bau- und Großprojekte die Absatzmengen der Kunststoffrohrhersteller im zweiten Quartal. Hinzu kamen Auftragsrückgänge aufgrund veränderter Preisanforderungen seitens des Marktes. Von den Rückgängen sind sowohl die Bereiche Ver- und Entsorgung als auch der Industrierohrsektor betroffen. Einzig die Haustechnik wies demnach im zweiten Quartal einen positiven Index aus und bewegte sich so auf einem anhaltend stabilen Niveau.

Das eher niedrige Niveau der Geschäftserwartungen für das dritte Quartal spiegelt nach Angaben der Unternehmen eine allgemein zunehmende Zurückhaltung bei Anfragen und Ausschreibungen sowie zu erwartende Rückgänge bei Groß- und Industrieprojekten wider. Abgesehen von der Teilbranche Haustechnik erwarteten die Kunststoffrohrhersteller in allen anderen Bereichen auch zukünftig Absatzzahlen, die unter dem Vorjahresniveau liegen.

 

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