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FA 01 Tube: Neue Anlagen zur Rohrherstellung

Teil 1: Asien, Osteuropa und Südamerika

Weltweit werden ständig neue, moderne Rohrwerke errichtet. Aktuell liegt der geografische Fokus dabei vor allem auf Asien, Osteuropa, Südamerika und vor allem die USA. An vielen der neuen Projekte sind deutsche Unternehmen - insbesondere aus NRW - beteiligt, sei es für die gesamte Produktionsanlage oder zumindest für Teilbereiche.

Mit einem Wachstum in der Größenordnung von real drei Prozent rechnet der deutsche Maschinen- und Anlagenbau für 2014. Diese Prognose machte der scheidende VDMA-Präsident Dr. Thomas Lindner anlässlich der alle drei Jahre stattfindenden Mitgliederversammlung Mitte Oktober 2013 in Stuttgart. In den Jahren 2010 bis 2012 hatte die Branche in Deutschland mit einem Produktionszuwachs von 24 Prozent den Einbruch von 2009 nahezu vollständig wieder ausgleichen können. Für 2013 rechnen die VDMA-Volkswirte mit einem Produktionswert von 195 Mrd. Euro – ebenso viel wie 2012.

Im Bereich Hütten- und Walzwerkeinrichtungen flachen sich die Umsatzrückgänge der Jahre 2011 und 2012 ab. Der VDMA-Fachverband Hütten- und Walzwerkeinrichtungen erwartet deshalb eine leichte Stabilisierung im Verlauf des Jahres 2013. Für das Jahr rechnet der Fachverband - Stand Mitte 2013 - mit einem Zuwachs von fünf Prozent bei den Umsätzen und von vier Prozent bei den Auftragseingängen. Neue Anlagen erfreuen freilich nicht jeden – besonders wenn sie dem Aufbau zusätzlicher Kapazitäten dienen. So schreibt die Wirtschaftsvereinigung Stahlrohre e.V., Düsseldorf, in ihrem aktuellen Jahresbericht 2012: „Ein grundsätzliches Problem bleiben Überkapazitäten auf den Weltmärkten. Insbesondere der offenbar nicht ausreichend von marktwirtschaftlichen Überlegungen geprägte Kapazitätsaufbau der chinesischen Hersteller erscheint bedrohlich“.

Die deutschen Hersteller von Hütten- und Walzwerkeinrichtungen spielen nicht nur wirtschaftlich eine starke Rolle in diesem Sektor. Auch in technischer Hinsicht genießen ihre Produkte weltweit eine große Reputation. Ein Grund dafür liegt unter anderem darin, dass die Branche es in der Vergangenheit immer wieder geschafft hat, „technisch und wirtschaftlich überzeugende Anlagen- und Maschinenbaukonzepte anzubieten, mit denen die Kunden noch wettbewerbsfähiger produzieren können“ (Heinrich Weiss, Vorsitzender im Aufsichtsrat der Düsseldorfer SMS group).

Höhere Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der Rohrfertigung
Für den Rohrbereich zuständig ist im Unternehmensverbund die SMS Meer in Mönchengladbach. Hier entwickelte man beispielsweise das directube®-Verfahren, mit dem sich Kupferrohre effizienter und wirtschaftlicher als bisher herstellen lassen. Im Mittelpunkt der Entwicklung standen neben geringeren Produktionskosten die Qualität der Endprodukte, Energie- und Umweltfragen sowie die effiziente Nutzung von Roh- und Einsatzstoffen.

Bei der directube®-Kupferrohrfertigung werden die Kupferkathoden direkt zu Mutterrohren geformt. Im Vergleich zum üblichen Extrusionsverfahren mit anschließendem Kaltpilgerwalzen spart man so mehrere aufwändige Zwischenschritte ein: das Pressen, das Vorwärmen sowie einen von zwei Zwischenglühvorgängen.

Das directube®-Verfahren umfasst im Wesentlichen zwei Fertigungsstufen. In der erste Stufe findet das Einschmelzen der Kupferkathoden, das kontinuierliche, mehrsträngige Gießen von Rohrluppen und die Oberflächenbearbeitung mittels Fräsen statt. In der zweiten Stufe folgen das Schrägwalzen der Rohrluppe in einem Planetenschrägwalzwerk und das Aufwickeln. Im Anschluss werden die Mutterrohre zu den gewünschten Endprodukten weiterverarbeitet.

Ebenso konsequent weiter entwickelt wird die Fertigung von Stahlrohren. Eine hohe Anlagenverfügbarkeit und Produktqualität soll ein neues Lösewalzwerk gewährleisten, das SMS Meer für eine Anlage von Voestalpine Tubulars am Standort Kindberg in Österreich entwickelte. Als technische Innovation verfügt das Lösewalzwerk über eine hydraulische Schnellöffnungsvorrichtung, die das schnelle Lüften der Walzen im Falle eines Steckers sicherstellt. So werden Produkt und Maschine nicht beschädigt.

Nahtlose Rohre bis 20 Zoll Durchmesser
Auch im Abmessungsbereich für nahtlose Rohre gibt es Neuigkeiten zu vermelden. So hat Jiangsu Tianhuai Steel Pipe (Jiangsu, China) nach einer Bauzeit von rund zwei Jahren Ende 2012 ein neues 20"-PQF-Rohrwalzwerk für nahtlose Qualitätsstahlrohre in Betrieb genommen. Das neue Walzwerk - das bis dahin weltweit größte Kontiwalzwerk - kann nahtlose Rohre mit einem Durchmesser von bis zu 508 mm fertigen. Die Produktionskapazität der Anlage beträgt 500.000 Tonnen pro Jahr. SMS Meer Projektleiter Roland Preuten: „Der maximale Durchmesser von 20 Zoll ist ein Rekord. Damit stoßen PQF-Nahtlosrohre in einen neuen Leistungsbereich vor.“

Die von SMS Meer entwickelte PQF-Technologie (Premium Quality Finishing) soll eine dauerhaft hohe Rohrqualität innerhalb engster Toleranzen und eine zuverlässig hohe Produktivität sicherstellen. Für die 20-Zoll-Rohre hat SMS Meer das größte Kegelschrägwalzwerk mit einem Walzendurchmesser von 1.700 mm entwickelt. Weil beim PQF-Walzwerk drei Walzen das Rohr rundum gleichförmig umschließen, ist die Krafteinwirkung gleichmäßiger über den Walzenumfang verteilt als bei der Zwei-Walzenanordnung.

Anfang 2014 nimmt eine neue Kaliberbearbeitungsmaschine die Produktion in der Nahtlosrohrfertigung bei der Interpipe Niko Tube in Nikopol, Ukraine, auf. Die Drei-Achsen-Kaliberbearbeitungsmaschine verbessert laut SMS Meer die Genauigkeit in der Produktion und verkürzt die Bearbeitungszeiten. Mit der Kaliberbearbeitungsmaschine vom Typ KR III 33 CNC werden die Kaliber in den Walzen vollautomatisch bearbeitet. Jeder Vorgang dauert weniger als 30 Minuten. Eine Messvorrichtung erfasst die Gerüst- und Walzendaten automatisch, so dass Änderungen der Kaliberform leicht durchführbar sind.

Rohrschweißanlagen werden produktiver
Für Arvedi Metalfer Do Brasil in Salto (Brasilien) hat SMS Meer eine Rohrschweißanlage konzipiert, die für eine Kapazität von 150.000 Tonnen im Jahr ausgelegt ist. Das Abmessungsspektrum umfasst Rohrdurchmesser von 33,4 bis 139,7 mm bei Wanddicken von 1,5 bis 8,0 mm. Die Rohrlängen können 5,0 bis 12,6 m betragen. Die Rohrschweißanlage erreicht eine Produktionsgeschwindigkeit von maximal 130 m/min. Arvedi kann mit der neuen Anlage hochwertige dickwandige Rohre mit rundem, quadratischem und rechteckigem Querschnitt herstellen.

"Dank der innovativen Schnellwechsel-Systeme ist die Anlage im Durchschnitt um mehr als 30 Prozent produktiver als herkömmliche Lösungen“, sagt Michael Cottin, Leiter des Produktbereichs Rohrschweißanlagen bei SMS Meer. „Hinzu kommt, dass Arvedi flexibel die veränderten Marktanforderungen bei geschweißten Rohren erfüllt. Bestellungen mit immer kleineren Losen und in vielen verschiedenen Abmessungen erfordern Anlagenlösungen mit kurzen Umrüstzeiten und minimierten Ausfallzeiten.“

Umstellungen auf neue Rohrabmessungen sind dank der neuentwickelten Inline- und Offline-Schnellwechsel-Systeme in nur eineinhalb bis zwei Stunden möglich. Eine besondere Rolle spielt dabei das CSS-Quicksetting-System von SMS Meer. Das computergesteuerte System sorgt unter anderem dafür, dass die Walzen nach dem Abmessungswechsel automatisch genau in ihre Arbeitsposition eingestellt werden.

Aufweiten und Richten auf einer Maschine
Für ein Rohrwalzwerk der Tenaris Confab S.A. in Pindamonhangaba in der Nähe von São Paulo (Brasilien) hat SMS Meer einen mechanischen Expander mit neu entwickelter Richtmaschine konstruiert. Die neuartige AGT-Geometrietechnologie soll das präzise Kalibrieren und Richten von längsnahtgeschweißten Rohren mit kleinen Durchmessern und großen Wanddicken auf einer einzigen Maschine ermöglichen. Solche Rohre werden für Offshore-Pipelines benötigt, die in großen Meerestiefen verlegt werden. Tenaris Confab produziert jährlich bis zu 450.000 Tonnen Rohre. Die Durchmesser reichen von 12 bis 48" und die Wanddicken von 6,4 bis 40 mm. Die maximale Rohrlänge beträgt 12,5 m.

AGT ist laut SMS Meer eine flexible und effiziente Lösung für das Richten von Großrohren, die bei der UP-Schweißung (Unterpulver) infolge der Wärmezufuhr verbogen wurden. Erstmalig können Rohre beim Aufweiten selektiv in alle Richtungen gerichtet werden, so dass auf nachgeschaltete Rohrrichtanlagen verzichtet werden kann. Verglichen mit bisherigen Lösungen soll die Neuentwicklung bessere Richtwirkungen durch Überbiegung erzielen. Außerdem wird die Belastung des Expanderwerkzeugs minimiert. Die Anlage ist ausgelegt für Durchmesser bis zu 30 Zoll. Bei größeren Durchmessern können die ganzen Einheiten von der Maschine getrennt werden, wodurch auch ein einfacher Werkzeugwechsel möglich ist.

Kleine, dickwandige Rohre wirtschaftlicher produzieren
Für Izhorsky Trubny Zavod (ITZ) aus Kolpino bei St. Petersburg (Russland) bestimmt ist eine neue Rohrschließpresse von SMS Meer mit einer Presskraft von 25 MN, mit der sich Rohre mit kleinem Durchmesser und großen Wanddicken wirtschaftlicher produzieren lassen. Im Vergleich zu einer einzelnen JCO-Langhubpresse soll das neue Verfahren die Produktivität verdreifachen.

Die Grobbleche werden zuerst in einer JCO-Rohrformpresse genau und schnell eingeformt. Der verbleibende Spalt wird danach in der neuen Rohrschließpresse mit wenigen Schritten auf ein Minimum reduziert – als Voraussetzung für einen sicheren Heftschweißprozess. Das Ergebnis sind qualitativ hochwertige Rohre mit sehr geringen Toleranzen für anspruchsvolle Anwendungen. Zudem wird bei der neuen Rohrschließpresse erstmals die drehzahlvariable Pumpensteuerung VSP (Variable Speed Pumps) genutzt. Dieser moderne und effiziente Hydraulikantrieb reduziert laut SMS die Energie- und Instandhaltungskosten erheblich.

Ebenfalls in Russland hat Ende 2013 die JSC Vyksa Steel Works, Vyksa, eine neue Rohrschließpresse von SMS Meer erfolgreich in Betrieb genommen. Mit der neuen Maschine modernisiert das Unternehmen seine Großrohrfertigungslinie und steigert die Produktivität deutlich. Diese speziellen Abmessungen werden insbesondere für Offshore-Pipelines nachgefragt. Die Steuerung der speziell angepassten Einform- und Schließprozesse übernimmt die von SMS Meer entwickelte Software SHAPE. Das Ergebnis sind qualitativ hochwertige Rohre mit sehr geringen Toleranzen für anspruchsvolle Anwendungen. Die Rohrschließpresse ist ebenfalls mit der drehzahlvariablen Pumpensteuerung VSP ausgestattet und soll damit bis zu 50 Prozent weniger Energie als die ältere Maschinengeneration benötigen.

Druckprüfanlage mit verkürzter Messzeit
Seit dem zweiten Quartal 2013 nutzt Salzgitter Mannesmann Line Pipe (SMLP), Siegen, die weltweit einzigartige Druckprüfanlage HTM (Hydro Testing Machine) vom Spiralrohrhersteller PWS. Mit der Anlage können zeitgleich bis zu drei Rohre unterschiedlicher Länge auf drei Prüfständen mit einer Gesamtzyklusdauer von 48 Sekunden (für 16 Zoll/12 Meter) getestet werden. Das entspricht einer Zeitersparnis von 30 Prozent pro Messung. Außerdem ist eine simultane Prüfung mit unterschiedlichen Durchmessern und Längen möglich. Jeder Abschnitt kann einzeln und unabhängig voneinander kontrolliert werden.

„Die neue Anlage stellt einen deutlichen Fortschritt in der Strategie zur Druckprüfung und Rohrherstellung dar. Kürzere Rohrlängen im Fertigungsprozess müssen nicht mehr ausgeschleust werden, um diese zu einem späteren Zeitpunkt zu prüfen, was einen deutlichen Vorteil in der Produktionslogistik und im Durchsatz verschafft. Eine sehr schnelle und hoch präzise Druckregelung runden das Technologiepaket ab“, erläutert Michael Stark von PWS. Die moderne Druckprüfanlage biete durch den Einsatz moderner Technik eine große Flexibilität und hohe Effizienz.

Teil 2 des Beitrages behandelt neue Anlagen zur Rohrfertigung in den USA. Die dort stark gestiegene Förderung von Öl und Gas veranlassen in- und ausländische Hersteller dazu, in neue Rohrwerke zu investieren. Davon profitieren Anlagenhersteller aus der ganzen Welt, die natürlich auch als Aussteller die Weltleitmesse Tube beschicken. Die nächste Internationale Rohrfachmesse wird vom 4. bis 8. April 2016 wieder gemeinsam mit der internationalen Branchenleitmesse wire in Düsseldorf stattfinden.

Presse Kontakt Tube 2016:
Petra Hartmann-Bresgen M.A.
Kathrin Kleophas van den Bongardt
Tel.: +49 (0)211/4560-541
Tel.: +49 (0)211/4560-544
Fax: +49 (0)211/4560-87 541/-87 544
E-Mail: HartmannP@messe-duesseldorf.de
E-Mail: KleophasvandenBongardtK@messe-duesseldorf.de

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