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Das große Reinemachen

drain-pipes: Damit Privathaushalte und Unternehmen nicht in die Röhre gucken, sind kontinuierliche Investitionen in das Abwassersystem notwendig. (Quelle: Lothar Handge)

Rohre sind die Lebensadern der Industriestaaten. Sie versorgen Unternehmen und Haushalte mit Wasser und entsorgen ihre Abwässer. Fehlende oder mangelhafte Kanäle stören den Wirtschaftskreislauf empfindlich. Daher investieren Staaten und Unternehmen immens hohe Summen in die Reparatur, Renovierung und Erneuerung der Leitungen – damit am Ende niemand in die Röhre gucken muss.

Es gibt viel zu tun für die Hersteller von Rohren, denn der Handlungsbedarf ist weltweit groß. Beispielsweise in St. Petersburg, wo sowohl bei Trinkwasser als auch bei Abwasser die Versorgungslage kritisch ist. Laut Germany Trade and Invest – Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH (GTI) besitzt das St. Petersburger Leitungswasser eine schlechte Qualität, denn 40 Prozent des 6.755 Kilometer langen Wasserleitungsnetzes der Stadt sind „verschlissen“. Dagegen liegt in westeuropäischen Städten der Verschleißgrad im Schnitt bei 12 Prozent. „Daher setzt die Stadt alles daran, diesen Mangel zu beheben und das Netz zu modernisieren, um endlich ein Niveau wie in München oder Berlin zu erlangen“, erläutert GTI. Bis 2025 sollen umgerechnet knapp 2,3 Milliarden Euro in die Wasserversorgung fließen.

Rostende Rohre in St. Petersburg
Problematisch ist auch die Situation beim Abwasser: „Nicht das ganze Abwasser, das in der Millionenmetropole entsteht, wird gereinigt. Immer noch gelangt Schmutzwasser direkt in die Newa oder andere Gewässer“, berichtet GTI. Zudem sei ein großer Teil des Kanalisations- und Wasserleitungssystems der Stadt überaltert. „Die meisten Rohre sind aus Roheisen und rosten in Windeseile vor sich hin.“
Ein misslicher Zustand, der beendet werden soll. Denn Abwässer dürfen ab 2025 nur noch gereinigt in den natürlichen Wasserkreislauf abgegeben werden. Daher erneuert St. Petersburg 900 Kilometer Kanalisation, baut neue Kläranlagen und wird ein komplett neues System der Abwasserreinigung installieren. Die Kosten betragen laut GTI bis 2025 umgerechnet rund drei Milliarden Euro – auch Rohrexperten sind also gefragt, um das Kanalsystem auf den neuesten Stand zu bringen.

Neue Abwassersysteme für Chinas Industrie
Während sich in Russland einige Investitionsstaus beim Leitungsbau an der maroden Kanalisation bildeten, stellt sich China auf eine zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung ein. Der Mangel an industriellen und öffentlichen Abwasserreinigungssystemen ist immens, „verschmutztes Abwasser der Industrie gelangt ungefiltert ins Grundwasser“, berichtet Germany Trade and Invest. Die Flüsse Jangtsekiang und der „Gelbe Fluss“ weisen deutlich überhöhte Anteile an Quecksilber und Arsen auf. 57 Prozent des Grundwassers erhielten bei Untersuchungen die Noten „schlecht“ oder sogar „sehr schlecht“. „Das ist insbesondere auf die mangelhafte Abwasserentsorgung von Landwirtschaft, Industrie und Öffentlichkeit zurückzuführen. So können derzeit nur 65 Prozent des genutzten Wassers hinreichend gereinigt werden.“ Schätzungen zufolge steigt andererseits die Wassernachfrage in China bis 2030 auf über 500 Milliarden Kubikmeter, womit das Reich der Mitte weltweit auf Rang eins läge.

Investitionen sind in China daher längst beschlossene Sache. In den vergangenen Jahren flossen bereits etwa 55 Milliarden Euro in die Wasserwirtschaft, in den nächsten Jahren sollen laut GTI ca. 37 Milliarden Euro jährlich folgen. Das Geld werde unter anderem in die Fertigstellung des Süd-Nord-Wassertransferprojektes fließen, ein Kanalsystem, das Wasser aus dem Süden in den Norden transferieren wird. In das Projekt wurden übrigens bereits fast 80 Milliarden US-Dollar investiert.

USA: Rohrleitungen in schlechtem Zustand
Teure Erneuerungen sind in den nächsten Jahren auch in den USA notwendig – bis 2020 werden fast 42 Prozent der Rohrleitungen in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand sein. So ist beispielsweise die Wasserinfrastruktur von Chicago teilweise bereits über 100 Jahre alt. Stark marode sind im Bezirk Miami-Dade in Florida rund 14.000 Meilen Wasserleitungen. Die Gesamtbilanz ist ernüchternd: Denn zahlreiche Leitungen in den USA stammen noch aus den 1940er bis 1960er Jahren. Eine Folge ist, dass etwa 3.000 Milliarden Liter an unbehandelten Abwässern jährlich in das Oberflächengewässer sickern. Und das vor dem Hintergrund, dass es bereits durch starke Regenfälle zu Überlastungen kommt.

Die American Society of Civil Engineers (ASCE) geht davon aus, dass allein der Austausch alter, nicht mehr funktionstüchtiger Leitungen Investitionen von über einer Billion US-Dollar erfordert. Davon entfallen in den nächsten 20 Jahren rund 298 Milliarden US-Dollar auf die Erneuerung der Abwasser- und Regenwassersysteme. Mit etwa 80 Prozent machen Erneuerungen von Rohrleitungen den größeren Anteil aus.

Zusätzliche Leitungen werden in der boomenden Schiefergasgewinnung notwendig. Gefordert sind hier auch Technologien für das Wasserrecycling und die Wasserwiederverwendung. Rohre, die gegenüber Chemikalien resistent sind, werden hierfür benötigt. Rohrhersteller und -zulieferer haben also die Chance, den Umbruch im US-Wassersektor zu begleiten.

Deutschland mit hohem Sanierungsbedarf
Von schadhaften Anschlüssen, Rissbildungen, Abflusshindernissen, wie zum Beispiel Wurzeln, und Schäden wie Korrosion sind auch die Kanalnetze Deutschlands befallen. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) geht von einem hohen Sanierungsbedarf aus. Rund ein Fünftel aller Kanalanlagen wiesen Schäden auf, die kurz- bis mittelfristig zu sanieren seien. „Das durchschnittliche Alter der Kanalisation in Deutschland liegt bei 41 Jahren, die durchschnittliche rechnerische Restnutzungsdauer bei 47,1 Jahren.“

Auffällig ist: Bei der Verbesserung des Kanalnetzes gibt es eine leichte Verschiebung zu mehr Reparaturen, während der Anteil der Erneuerungen und Renovierungen prozentual abnimmt.

Werkstoff für dauerhaften Schutz
Wichtig bei der Erneuerung ist die Wahl passender Werkstoffe für die Rohrherstellung. Als Materialien wurden bisher überwiegend Steinzeug sowie Beton/Stahlbeton verwendet – je nach Medium und Belastung. Bei wässrigen Medien ist vor allem auf einen dauerhaften Korrosionsschutz zu achten. Eine Möglichkeit ist die Auskleidung des Rohres mit Zementmörtel, der direkte Kontakt zum – beispielsweise – Stahlrohr wird vermieden. Gleichzeitig ermöglicht die Alkalität des Mörtels einen aktiven Korrosionsschutz. Bei der Wahl des Werkstoffes zeichnet sich ein Trend ab: Kunststoffrohre holen bei neuen Netzen langsam auf. Auch wenn laut DWA ihr Anteil noch „nur“ sieben Prozent des Gesamtnetzes beträgt. Neben dem Werkstoff sind für ein Kanalsystem natürlich auch die Rohrlänge und Wanddicke von entscheidender Bedeutung.

35.000 Rohre für den Abwasserkanal Emscher
Zu einem der interessantesten Projekte Deutschlands gehört der Abwasserkanal Emscher, mit dessen Bau 1992 begonnen wurde. Bei seiner Fertigstellung 2020 wird er eine Länge von 51 Kilometern besitzen und von der Kläranlage Dortmund-Deusen bis zur Mündung der Emscher in den Rhein bei Dinslaken reichen. Insgesamt werden 4,5 Milliarden Euro investiert, wovon bis heute rund drei Milliarden Euro in das Projekt flossen. „300 von 400 Kanalkilometern wurden bisher verbaut“, erklärt die Emschergenossenschaft.

Auch diese Zahlen zum Abwasserkanal Emscher sind beeindruckend: 35.000 Kanalrohre mit einem Innendurchmesser zwischen 1,4 und 2,8 Metern werden eingesetzt, und zwar bei einer Tieflage von acht bis 40 Metern. Verwendet werden Stahlbeton-Rohre. Das Gefälle der Rohre beträgt 1,5 Prozent, also 1,5 Meter pro Kilometer – das Abwasser besitzt eine Fließgeschwindigkeit von 4 km/h.

Ziel des Großprojektes ist es, die Abwässer zu den Kläranlagen unterirdisch abzuleiten. „Die oberirdischen Bäche wären damit abwasserfrei und könnten naturnah umgebaut werden“, so die Emschergenossenschaft.

Rohre für das Klärwerk
Doch wer über Abwasser redet, muss das ganze Abwassersystem einbeziehen. Zu dem gehören neben den Kanalrohren auch jene Rohre, die innerhalb eines Klärwerks verbaut werden. So wird beispielsweise der Rohschlamm in den mehrere Meter hohen Faulturm gepumpt. Der Faulturm ist mit einer Siebtrommel ausgestattet – einem großen Rohr mit vielen Öffnungen, durch die das Schmutzwasser geleitet wird. Außerdem werden Leitungen benötigt, um das Abwasser vom Belebungsbecken in das Nachklärbecken zu transportieren. Hier setzt sich der Rückschlamm vom Wasser mittels Schwerkraft ab. Anschließend wird der Schlamm wiederum durch Rohre zurück ins Belebungsbecken geleitet. Das gereinigte Wasser könnte nun, falls vorgesehen, wieder in einen Bach oder Fluss zurückfließen – natürlich per Kanal.

Wassermenge wird gedämpft weitergeleitet
Für Kläranlagen sind auch sogenannte Sonderbauwerke wichtig. Hierzu gehören Regenüberlaufbecken, Regenrückhaltebecken und Retentionsbodenfilter. So könnte bei starkem Regen die Aufnahme- und Reinigungsfähigkeit der Anlage überschritten werden. „Um das zu verhindern, baut man vor die jeweiligen Klärwerke Regenüberlaufbecken, deren Aufgabe das Zwischenspeichern von Abwasser ist“, erläutert der Wupperverband, ein deutscher Wasserwirtschaftsverband. Andererseits vermag ein Regenrückhaltebecken, eine große Wassermenge kurzfristig aufzunehmen, „um sie dann gedämpft weiterzuleiten. Hier wird die Wassermenge, die in kurzer Zeit ins Becken stürzt, aufgefangen und über eine sogenannte Rohrdrossel – ein vergleichsweise kleines Rohr – langsam dem Gewässer zudosiert.“ Auf diese Weise gebe es, so der Wupperverband, keine Spülstöße, die der Gewässerfauna schaden könnten.

Handlungsdruck durch EU-Standards
Für viele Länder Europas herrscht ein Handlungsdruck, was insbesondere auch für Osteuropa gilt: Bis 2018 sollen in allen kommunalen Abwasseranlagen die EU-Standards umgesetzt sein. Dazu sind nicht nur bestehende Kläranlagen auszubauen und zu modernisieren, sondern auch neue zu errichten. Auch muss in den Ausbau des Kanalisationssystems investiert werden. Der Bedarf an Rohren bleibt also ungebrochen groß.

Diesen Bedarf bedient vom 4. bis 8. April 2016 die Internationale Rohrfachmesse Tube, die auf über 50.000 Quadratmetern netto die gesamte Palette von der Rohrherstellung über die Rohrbearbeitung bis hin zur Rohrverarbeitung sowie den Bereich Handel mit Rohren zeigt.

Presse Kontakt 2016:
Petra Hartmann-Bresgen M.A.
Ulrike Osahon
Tel.: +49 (0)211/4560-541/-992
Fax: +49 (0)211/4560-87 541
E-Mail: HartmannP@messe-duesseldorf.de



sewage-system: Schadhafte Anschlüsse, Rissbildungen, Abflussbehinderungen und Korrosion beeinträchtigen das Abwassersystem. (Quelle: Lothar Handge)