Kunststofftrends: Neue Entwicklungen bei Kunststoffrohren

Die Kunststoffrohrindustrie befindet sich in einer Phase intensiver Weiterentwicklung. Getrieben von Energiewende, Klimaschutz und steigenden Anforderungen an Ressourceneffizienz entstehen derzeit Lösungen, die das Potenzial haben, die Energie- und Wasserversorgung nachhaltig zu verändern. Besonders in den Bereichen Mehrschichtrohre, Schweißtechnik und Kreislaufwirtschaft zeigt sich die Innovationskraft der Branche.

Mehrschichtrohre – Kunststoffrohre für die grüne Zukunft

Deutschland verfügt über eine leistungsfähige Gasinfrastruktur, die künftig zunehmend für den Transport von grünem Wasserstoff genutzt werden soll. Vor diesem Hintergrund hat das Kunststoff-Zentrum SKZ im Rahmen eines durch den Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) geförderten Forschungsvorhabens in Kooperation mit der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH und Industriepartnern neuartig entwickelte Mehrschichtrohre untersucht und bewertet. Ziel war es, Kunststoffrohre mit verbesserten Permeationseigenschaften für Wasserstoff und Methan zu erproben und damit einen Beitrag zu einer sicheren, effizienten und klimafreundlichen Energieversorgung zu leisten.

Im Zentrum der Untersuchungen standen sowohl die Langzeiteigenschaften und die Druckbeständigkeit als auch die Permeationseigenschaften der Materialien. Getestet wurden verschiedene Konstruktionen auf Basis von Polyethylen PE 100 und Polyamid PA-U12, die zusätzlich mit Sperrschichten aus Ethylen-Vinylalkohol, Polyamid oder Aluminium ausgestattet waren. Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass alle untersuchten Rohrtypen die Anforderungen an die Druckbelastbarkeit im Zeitstand-Innendruckversuch erfüllen und sich im Betrieb ohne wesentliche Einschränkungen einsetzen lassen.

Mehrschicht-Kunststoffrohre für die grüne Zukunft. (© MKZ)

Besonders bemerkenswert ist die drastische Reduktion der Gaspermeation im Vergleich zu herkömmlichen Vollwandrohren aus Polyethylen. Während diese gegenüber Wasserstoff und Methan noch deutliche Durchlässigkeit zeigen, senken Mehrschichtrohre die Permeation auf ein Minimum. „Damit leisten sie einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung klimarelevanter Gasverluste“, betont Dr. Mirko Wenzel, Expert Scientist am SKZ.

Mehrschichtrohre aus Kunststoff eröffnen somit die Möglichkeit, bestehende Gasnetze schnell und effizient auf den Transport von Wasserstoff umzustellen, ohne aufwendige Umbauten oder Sicherheitsrisiken. Sie stehen beispielhaft für eine Technologie, die die Energiewende auf infrastruktureller Ebene absichert.

Schweißtechnik – neue Verfahren steigern Qualität und Effizienz

Neben den Materialien selbst ist auch die Verbindungstechnik von zentraler Bedeutung für die Leistungsfähigkeit von Kunststoffrohren. Hier haben sich zwei technologische Neuerungen herausgebildet, die den Stand der Technik neu definieren: die SIMOClearWeld-Technologie und die snapfuse-Methode.

Mit der SIMOClearWeld-Technologie hat die Simona AG, Hersteller und Entwicklungspartner thermoplastischer Kunststoffprodukte, eine Schweißtechnik entwickelt, die erstmals das Problem störender Schweißwülste im Rohrinneren löst. Beim klassischen Stumpfschweißen entstehen Wülste, die den Durchfluss behindern und im Fall von Kabelschutzrohren aufwendig entfernt werden müssen. Die neue Technologie verlagert den Schweißwulst in die Rohrwand und macht Nacharbeiten überflüssig. Grundlage dafür ist eine Kombination aus hochpräzise gefertigten Kabelschutzrohren, CNC-gesteuerter Schweißvorbereitung und automatisierter Prozessdokumentation. In der Praxis führte dies bei dem aktuellen Großprojekt BBPIG 6 von Übertragungsnetzbetreiber Amprion zu einer Verdopplung der Schweißleistung auf der Baustelle und zu einer Verkürzung der Bauzeit um bis zu 45 %. Damit kann der Ausbau der erdverlegten Hochspannungsinfrastruktur in Deutschland nun deutlich beschleunigt werden.

SimoWeld der Simona AG. (© Simona AG)

Einen anderen Ansatz verfolgt die sogenannte snapfuse-Technologie, die von Star Engineering Systems (Anbieter von Technologien im Bereich Schweiß- und Heizwendeltechnik sowie Maschinenbau) entwickelt und erstmals bei einem Großprojekt der Stadtentwässerungsbetriebe Köln (StEB) eingesetzt wurde. Dort mussten parallel verlegte Druckrohre DN 1200 unter sehr beengten Bedingungen installiert werden – ein Szenario, bei dem klassische Schweißmethoden wie Stumpf- oder Muffenschweißen an ihre Grenzen stoßen. Die neue Technologie integriert den Heizwendel direkt in die Rohrwand und ermöglicht Rohr-zu-Rohr-Verbindungen ohne Muffen oder großvolumige Maschinen. Innen- und Außenwülste entstehen nicht, Ovalitäten werden zuverlässig ausgeglichen, und die Montage kann auch auf engen Baustellen schnell und sicher durchgeführt werden. Die Technologie hat ihre Langzeitbeständigkeit in Prüfungen nach EN ISO 1167 nachgewiesen und eröffnet neue Möglichkeiten insbesondere für großdimensionierte Druckrohrsysteme.

snapfuse-Technologie: Work in progress – Installation DN 1200 SDR 17 im engen Rohrgraben. (© STAR Engineering Systems GmbH )

Beide Technologien – SIMOClearWeld und snapfuse – zeigen, dass die Verbindungstechnik längst ein Feld hochinnovativer Entwicklungen ist. Sie steigern nicht nur die Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Bauprozess, sondern erhöhen zugleich die Qualität und Betriebssicherheit der Rohrsysteme.

Recycling und Rezyklate – Kreislaufwirtschaft im Fokus

Parallel zu den technologischen Fortschritten bei Materialien und Verarbeitung gewinne das Thema Kreislaufwirtschaft zunehmend an Gewicht, so der KRV Kunststoffrohrverband e.V. Die Kunststoffrohrindustrie sieht sich in der Verantwortung, ihren Beitrag zu Ressourcenschonung und Klimaschutz zu leisten.

Der wohl größte Nachhaltigkeitsvorteil von Kunststoffrohren liegt in ihrer außerordentlichen Langlebigkeit. Produkte, die über viele Jahrzehnte, teilweise mehr als 100 Jahre, zuverlässig funktionieren, müssen nicht ersetzt werden und vermeiden so Emissionen und Ressourcenverbrauch über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg. Ergänzend investieren die Unternehmen seit Jahren in energieeffiziente Produktionsprozesse, in den Einsatz erneuerbarer Energien und in die Abfallvermeidung.

Der Einsatz von Rezyklaten nimmt ebenfalls zu. Laut aktuellen Analysen werden in Europa zunehmend Polyethylen-, Polypropylen- und PVC-Rohre mit Recyclinganteilen hergestellt. In Deutschland flossen im Jahr 2021 bereits mehr als 57.000 t Post-Consumer-Rezyklate in die Rohrproduktion ein. Exemplarisch zeigen folgende Beispiele das Nachhaltigkeitsbestreben der Kunststoffrohrindustrie:

Bei den Produktreihen Pipe2Pipe® und Plant2Pipe® der Funke Kunststoffe GmbH kommt entweder eine Kombination von PVC-U-Rezyklat und Ökostrom zum Tragen oder es werden bio-attributed PVC-U aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt.

Das offiziell erste klimaneutrale Kanalrohrsystem nevoPP von Rehau (Anbieter polymerbasierte Lösungen) besteht aus bis zu 80 % Industrierezyklaten, die am Ende der Nutzungsdauer der Rohre wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden können. Zur Produktion der Rohre wird ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien verwendet. Trotz des signifikant reduzierten Fußabdrucks verbleibt bei nevoPP ein Rest an CO2-Emissionen. Zur Kompensation dieses heute noch unvermeidbaren Anteils investiert Rehau in hochwertige Klimaschutzprojekte mit Bezug zum Gewässerschutz. Das System ist TÜV-zertifiziert.

Die Amiblu Germany GmbH wiederum treibt mit internationalen Forschungsprojekten und eigenen Closed-Loop-Lösungen das Recycling glasfaserverstärkter Kunststoffe voran – eine bislang ungelöste Herausforderung, etwa im Hinblick auf Abfälle aus Windkraftanlagen.

Positiv zu erkennen ist, dass der Aspekt „Nachhaltigkeit“ bei öffentlichen Ausschreibungen von Bauvorhaben inzwischen zumindest teilweise Berücksichtigung findet. Dies stärkt die Position jener Unternehmen, die mit Investitionen in Kreislaufwirtschaft und klimaneutrale Produkte vorangehen.

Fazit

Die jüngsten Entwicklungen in der Kunststoffrohrtechnik belegen die hohe Innovationskraft der Branche. Mehrschichtrohre machen bestehende Gasnetze wasserstofftauglich und verringern klimaschädliche Gasverluste signifikant. Neue Schweißtechnologien steigern die Produktivität und Qualität und eröffnen neue Möglichkeiten für Großprojekte der Energiewende und Abwasserwirtschaft. Der wachsende Einsatz von Rezyklaten schließlich unterstreicht den Anspruch der Industrie, Kreislaufwirtschaft aktiv zu gestalten, ohne die Sicherheit und Qualität der Produkte zu gefährden. Damit positioniert sich die Kunststoffrohrtechnik als unverzichtbarer Baustein einer nachhaltigen Infrastruktur für Energie, Wasser und Abwasser – und beweist, dass technologische Innovation und ökologische Verantwortung Hand in Hand gehen können.