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Ägypten schmiedet seine Zukunft: Aufstieg zur Stahl-Großmacht Afrikas

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Die ägyptische Stahlindustrie hat sich in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig des Landes entwickelt (Quelle: OpenAI)

Die ägyptische Stahlindustrie hat sich in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig des Landes entwickelt und nimmt heute eine führende Position auf dem afrikanischen Kontinent ein. Mit einer jährlichen Rohstahlproduktion von rund 10 bis 10,7 Millionen Tonnen in den Jahren 2022 bis 2024 etablierte sich Ägypten nicht nur als Spitzenreiter in Afrika, sondern rangiert mittlerweile auch auf Platz 19 der weltweiten Stahlproduzenten, nur knapp hinter Frankreich, Spanien und Kanada. Die beeindruckende Entwicklung spiegelt sowohl die wachsende Bedeutung der Branche für die ägyptische Volkswirtschaft als auch das erhebliche Potenzial für eine weitere Expansion wider.

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Stahlproduktion Ägyptens in Tausend Tonnen (Quellen: World Steel Association, International Manganese Institute, Handbook of World Steel Statistics)

Die ägyptische Stahlindustrie wird von wenigen großen Unternehmen dominiert, die gemeinsam den Großteil der nationalen Produktionskapazität abdecken. An der Spitze steht Ezz Steel als unumstrittener Marktführer mit einer Kapazität von etwa 7 Millionen Tonnen jährlich. Das Unternehmen verfügt über mehrere strategisch wichtige Produktionsstandorte, darunter Werke in Alexandria, Suez und Sadat City, wodurch eine geografisch verteilte Produktion und eine effiziente Versorgung verschiedener Regionen gewährleistet wird.

Als zweitgrößter Akteur hat sich die Egyptian Steel Group mit einem Marktanteil von etwa 16 Prozent und einer Jahresproduktion von rund 1,7 Millionen Tonnen etabliert. Das Unternehmen konzentriert sich dabei hauptsächlich auf die Herstellung von Bewehrungsstahl und Walzdraht, zwei Produktkategorien, die für die Bauindustrie von entscheidender Bedeutung sind. Neben diesen beiden Hauptakteuren komplettieren weitere Unternehmen wie Ezz El Dekheila, Beshay Steel, Kandil Steel und NPSS die ägyptische Stahllandschaft.

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Die ägyptische Stahlindustrie wird von wenigen großen Unternehmen dominiert, die gemeinsam den Großteil der nationalen Produktionskapazität abdecken. (Quelle: Adobe Stock)

Produktions- und Handelsdynamik

Die Produktionsentwicklung der ägyptischen Stahlindustrie zeigt einen deutlichen Aufwärtstrend. Von Januar bis September 2024 konnte die Rohstahlproduktion um beachtliche 6 Prozent auf 7,9 Millionen Tonnen gesteigert werden, was die anhaltende Dynamik des Sektors unterstreicht. Diese positive Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit der steigenden Inlandsnachfrage und den ambitionierten Infrastrukturprojekten der ägyptischen Regierung.

Im Bereich des internationalen Handels präsentiert sich ein uneinheitliches Bild. Während die Importe im Jahr 2024 mit 1,2 Milliarden US-Dollar einen deutlichen Rückgang von 34 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichneten, erreichten die Exporte ein Volumen von 574 Millionen US-Dollar. Diese Entwicklung deutet auf eine zunehmende Selbstversorgung und eine stärkere Ausrichtung auf den heimischen Markt hin. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Exporte nach einem starken Anstieg im Jahr 2023 im Folgejahr wieder zurückgingen, was auf veränderte Marktbedingungen und internationale Handelsdynamiken hinweist.

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Wachstum des realen BIP in Ägypten von 1980-2024 und Prognosen bis 2030 (Quelle: Statista)

Infrastrukturboom als Wachstumsmotor

Ein zentraler Treiber für das Wachstum der ägyptischen Stahlindustrie ist der beispiellose Infrastrukturboom, den das Land derzeit erlebt. Besonders deutlich wird dies am dramatischen Anstieg des Verbrauchs von Bewehrungsstahl. Im April 2024 erreichte der Rebar-Verbrauch 579.300 Tonnen, was einem beeindruckenden Zuwachs von 65 Prozent gegenüber dem Vormonat und sogar 72 Prozent im Vergleich zum April 2023 entspricht. Diese Zahlen verdeutlichen die enorme Dynamik im Bausektor und die damit verbundene Nachfrage nach Stahlprodukten.

Das erste Halbjahr 2024 bestätigte diesen Trend mit einem Gesamtverbrauch von über 3 Millionen Tonnen Bewehrungsstahl, was einem Anstieg von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Diese Entwicklung ist das direkte Resultat massiver staatlicher Bauaktivitäten, die sowohl den Wohnungsbau, insbesondere Sozialwohnungsprojekte, als auch großangelegte Infrastrukturvorhaben umfassen.

Megaprojekte und urbane Transformation

Die ägyptische Regierung hat eine Reihe von Megaprojekten initiiert, die erhebliche Auswirkungen auf die Stahlnachfrage haben. Das prominenteste Beispiel ist die Entwicklung der Suez-Kanal-Zone, die seit 2014/15 kontinuierlich ausgebaut wird. Dieses umfassende Projekt umfasst die Schaffung großflächiger Infrastrukturen für Logistik, Industrie und Häfen in Port Said, Ismailia und Ain Sokhna sowie den Bau von Tunneln, neuen Städten und spezialisierten Technologie- und Industriezonen.

Ein weiteres herausragendes Projekt ist die Entstehung der Neuen Verwaltungshauptstadt östlich von Kairo. Diese ambitionierte Stadtentwicklung umfasst ein zentrales Geschäftsviertel, Behördenviertel, Wohngebiete und moderne Verkehrsverbindungen einschließlich Light Rail, Monorail und Hochgeschwindigkeitszügen. Als Kernprojekt für Stahlkonstruktionen erfordert es erhebliche Mengen an Stahl für Hochhäuser und Infrastrukturelemente.

Darüber hinaus befinden sich weitere geplante Städte wie New Mansoura, Al Galala City und New Nasser City in verschiedenen Entwicklungsphasen. Jedes dieser Projekte beinhaltet umfangreiche Infrastrukturentwicklungen sowie Wohn- und Industrieflächen, die alle einen erheblichen Stahlbedarf generieren.

Zu einem weiteren wichtigen Wachstumstreiber für die ägyptische Stahlindustrie entwickelt sich auch die Automobilindustrie. Trotz der noch relativ niedrigen Pkw-Dichte von nur 63 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner im Jahr 2023 erkennen internationale Automobilhersteller das enorme Potenzial des ägyptischen Marktes mit seinen fast 115 Millionen Einwohnern. Stellantis führt bereits Gespräche mit dem Ministerium für Handel und Industrie über die lokale Montage seiner Marken Citroen, Fiat und Opel, während das Unternehmen bereits den Jeep Grand Cherokee L in Kooperation mit Arab American Vehicles produziert. Volkswagen hat im Juli 2024 ein Kooperationsabkommen mit der ägyptischen Regierung unterzeichnet, um eine Machbarkeitsstudie für Karosserie- und Montagehallen in der East Port Said Automotive Zone durchzuführen. Diese Entwicklungen in der Automobilindustrie schaffen eine neue Nachfragequelle für hochwertige Stahlprodukte, insbesondere für Karosseriebleche und Strukturteile.

Parallel dazu eröffnet der massive Ausbau der Eisenbahninfrastruktur zusätzliche Perspektiven für die Stahlindustrie. Ägypten plant in den kommenden Jahren umfassende Investitionen in ein über 1.800 Kilometer langes Hochgeschwindigkeitsnetz, was das Land zum dynamischsten Eisenbahnmarkt des afrikanischen Kontinents macht. Die voestalpine Railway Systems hat bereits im Juli 2022 ein Joint Venture mit den ägyptischen Staatsbahnen für die gemeinsame Produktion von Hochleistungsweichen im bestehenden Weichenwerk in Kairo vereinbart. Dieses Projekt unterstreicht nicht nur die Attraktivität Ägyptens als Produktionsstandort, sondern verdeutlicht auch die Bedeutung lokaler Stahlverarbeitung für die ambitionierten Eisenbahnprojekte. Die Kombination aus Hochgeschwindigkeitsstrecken, Stadtbahnsystemen und konventionellen Eisenbahnverbindungen wird erhebliche Mengen an Schienen, Weichen und anderen stahlintensiven Komponenten erfordern.

Strategische Ausrichtung und Industriepolitik

Die ägyptische Regierung verfolgt eine klare strategische Vision für die Stahlindustrie, die weit über die reine Produktionssteigerung hinausgeht. Laut Aussage von Ministerpräsident Mustafa Madbuli dient die Stahlindustrie als wichtiger Standortvorteil, um Devisen zu sparen, Exporte zu fördern und die Importabhängigkeit zu reduzieren. Gleichzeitig soll sie als Basis für die Entwicklung eines regionalen Export-Hubs fungieren.

Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden. Moderne Anlagen zur CO₂-Reduktion werden aktiv unterstützt, und die grüne Stahlerzeugung erhält deutlichen politischen Rückhalt. Diese Bestrebungen werden durch intensive politische Gespräche mit internationalen Akteuren und die Entwicklung entsprechender Kooperationen verstärkt.

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Containerschiff (Quelle: Adobe Stock)

Die aktuelle US-amerikanische Handelspolitik unter Präsident Trump hat erhebliche Auswirkungen auf den globalen Stahlmarkt und damit auch auf Ägyptens Exportmöglichkeiten. Die USA haben ihre Stahlzölle von ursprünglich 25 Prozent auf 50 Prozent erhöht, was den Zugang zum amerikanischen Markt für ägyptische Stahlexporteure deutlich erschwert. Diese Zölle gelten seit März 2025 für alle Länder, wodurch sich das Wettbewerbsumfeld für ägyptische Stahlproduzenten verschärft hat. Gleichzeitig eröffnen sich dadurch aber auch Chancen in anderen Märkten, da sich Handelsströme umlenken und alternative Absatzmärkte an Bedeutung gewinnen können.

Parallel dazu entwickelt die Europäische Union ihre eigene Handelspolitik im Stahlbereich weiter, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Ägypten birgt. Das Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der EU befindet sich derzeit in einer Übergangsphase von 2023 bis 2025 und wird ab 2026 vollständig implementiert. Dieses Instrument zielt darauf ab, Kohlenstoffkosten bei Importen zu berücksichtigen und damit europäische Produzenten vor unfairem Wettbewerb durch Länder mit weniger strengen Klimaauflagen zu schützen. Das CBAM betrifft Importeure kohlenstoffintensiver Güter wie Stahl, Aluminium, Zement und Düngemittel. Für Ägypten bedeutet dies, dass Investitionen in grüne Stahltechnologien nicht nur aus umweltpolitischen Gründen sinnvoll sind, sondern auch den Zugang zum lukrativen europäischen Markt sichern können. Die rechtzeitige Umstellung auf klimafreundliche Produktionsmethoden könnte ägyptischen Stahlproduzenten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten aus Ländern verschaffen, die diese Transformation vernachlässigen.

Herausforderungen und Modernisierungsbedarf

Trotz der positiven Entwicklungen steht die ägyptische Stahlindustrie vor erheblichen Herausforderungen. Ein zentrales Problem sind veraltete Produktionsanlagen, da viele Werke noch mit traditionellen, energieintensiven Verfahren arbeiten. Die Modernisierung hin zu grünem Stahl befindet sich teilweise noch in der Planungsphase und ist nicht flächendeckend umgesetzt.

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Kohlebetriebene Energieanlage (Quelle: Adobe Stock)

Der Investitionsbedarf für moderne Technologien ist beträchtlich. Grüner Stahl, wasserstoffbasierte Prozesse und Abscheidungstechnologien erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Obwohl in der Suez-Zone bereits Projekte für Kohlenstoffabscheidung und grünen Wasserstoff initiiert wurden, sind diese im Vergleich zum gesamten Stahlsektor noch relativ klein dimensioniert.

Wettbewerbsdruck und Marktdynamik

Überdies sieht sich die ägyptische Stahlindustrie einem intensiven Wettbewerbsdruck durch billige Stahlimporte ausgesetzt, insbesondere bei Bewehrungsstahl aus der Türkei, China und der Ukraine. Diese Importe drücken die Preise und untergraben die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Hersteller. Obwohl die Rebar-Preise Ende 2024 stiegen, blieb das Marktgleichgewicht schwach. Im ersten Quartal 2025 reduzierten sich sowohl Verbrauch als auch Produktion, während Überkapazitäten bestehen blieben.

Als Reaktion auf diese Herausforderungen hat die ägyptische Regierung Zölle und protektionistische Maßnahmen gegen Stahlimporte eingeführt. Diese Maßnahmen zum Schutz der heimischen Industrie belasten jedoch gleichzeitig die internationalen Handelsbeziehungen und können langfristig zu Handelskonflikten führen.

Zukunftsperspektiven und Entwicklungspotenzial

Die Aussichten für die ägyptische Stahlindustrie bleiben trotz der genannten Herausforderungen positiv. Nach dem Erreichen von 9,8 Millionen Tonnen Rohstahlproduktion im Jahr 2023 wird für den Zeitraum 2025 bis 2030 ein kontinuierliches Wachstum von etwa 1 bis 1,5 Prozent jährlich prognostiziert. Diese Kapazitätserweiterung basiert auf der anhaltend starken Inlandsnachfrage und den geplanten Infrastrukturinvestitionen.

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Biofuel Factory (Quelle: Adobe Stock)

Besonders vielversprechend ist die Entwicklung im Bereich des grünen Stahls. Kooperationen mit internationalen Partnern wie Xinfeng Steel, die Implementierung neuer umweltfreundlicher Anlagen und die Einführung nachhaltiger Produktionstechnologien positionieren Ägypten als potentiellen Vorreiter für nachhaltige Stahlproduktion in der Region.

Fazit

Die ägyptische Stahlindustrie befindet sich in einer Phase dynamischen Wachstums, getragen von einer robusten Inlandsnachfrage und ambitionierten Regierungsvorhaben. Die führende Position in Afrika stützt sich auf starke Unternehmen wie Ezz Steel und Egyptian Steel Group, die kontinuierlich ihre Kapazitäten ausbauen und modernisieren. Während Herausforderungen wie die Modernisierung veralteter Anlagen, internationale Konkurrenz und die Notwendigkeit der Exportdiversifikation bestehen bleiben, bieten sich gleichzeitig erhebliche Chancen durch grüne Produktionstechnologien und die strategische Positionierung als regionaler Hub. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen wird entscheidend dafür sein, ob Ägypten seine Ambitionen als führende Stahlnation nicht nur Afrikas, sondern auch des gesamten Nahen Ostens untermauern kann.

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Weiterführende Informationen und Quellen

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