gwf: Was hat die AEL denn der PEM voraus?
Lüke: Bei der PEM setzt man vor allem Membranen ein. Insbesondere PFSA-Membranen, die aufgrund ihres Fluor-Gehalts umstritten sind. In der alkalischen Elektrolyse werden dagegen eher Diaphragmen genutzt. Für die Elektroden setzt man in der PEM auf Edelmetalle wie Iridium, wohingegen bei der AEL günstigere Materialien wie Nickel zum Einsatz kommen. Daher kann sie unserer Meinung nach die Kostensenkungspotenziale deutlich eher heben.
gwf: Wo wäre das zum Beispiel der Fall?
Lüke: Nehmen Sie Saudi-Arabien, wo erneuerbarer Strom für nur einen Cent die kWh erhältlich ist. Wenn Sie hier Wasserstoff produzieren, sind die Betriebskosten sehr niedrig, weshalb die Anlagenkosten umso stärker zu Buche schlagen. Deswegen sind gerade in Gegenden, die niedrige Stromkosten bieten, die Anlageninvestitionskosten entscheidend. Denn hier können sie bis zu 50 % der Wasserstoff-Gestehungskosten ausmachen. In diesen Ländern wird man große Anlagen bauen, und diese müssen geringe Investitionskosten aufweisen.
gwf: Gibt es ein technologisches Wettrennen zwischen den Technologien?
Lüke: Nicht wirklich. Aber Fakt ist: Bei Großprojekten zwischen 1 und 2 GW, wie sie in Saudi-Arabien, den USA oder Dänemark entwickelt werden, kommt überall AEL oder PEM-Technologie zum Einsatz. Doch der Wasserstoffmarkt formiert sich noch; von einer Marktkonsolidierung sind wir mindestens noch zehn Jahre entfernt – von einer Marktsättigung ganz zu schweigen. Heute geht es eher darum, wer überhaupt liefern kann, als darum, welche Technologie sich durchsetzt.
gwf: Ist die Nachfrage demnach größer als das Angebot?
Lüke: Das ist nicht der entscheidende Punkt. Wir befinden uns zwar in einem Markthochlauf, aber zur Erreichung der Klimaziele hat die Nachfrage immer noch ein zu geringes Ausmaß. Zudem deckt sich die Marktentwicklung nicht mit der Bereitstellung der Produktionskapazitäten. Weltweit gibt es angeblich schon 11 GW Fertigungskapazität, aber installiert ist nur ein knappes GW. Die Frage ist also, wie schnell die Anlagenbauer ihre Produktionsstraßen hochfahren können, wenn die ganz große Nachfrage einsetzt. Und da gibt es, zum Beispiel bei der Ausschreibung von Projekten, schon eine gewisse Konkurrenz. Die Zahl der Mitbewerber ist aber noch überschaubar, vor allem im GW-Bereich.
gwf: Und auf diesen Bereich zielen Sie mit WEW?
Lüke: Genau. Wir bauen einen Standardstack mit einer unteren Leistungsaufnahme von ungefähr einem halben MW – das ist das Minimum. Für manche Anwendungsbereiche können wir den Stack also gar nicht anbieten. Man kann mit unseren Stacks problemlos Anlagen von 2-3 bis zu mehreren hundert MW aufbauen, aber das wirkliche Potenzial lässt sich bei großen Anlagen im GW-Bereich mit hohen Produktionskapazitäten ausschöpfen.
gwf: Gab es Projekte, bei denen Sie die Kostenreduktion demonstrieren konnten?
Lüke: In den letzten zwei Jahren haben wir uns auf die Entwicklung des Stacks und der Produktionsanlagen konzentriert. Im Rahmen von H2Giga kooperieren wir mit verschiedenen Forschungseinrichtungen. Seit Juni letzten Jahres betreiben wir am Energiecampus Goslar einen Teststand mit 150 kW Anschlusskapazität, wo die Stacks in Hinblick auf Performance und Lebensdauer optimiert werden. Dort erstellen wir auch Kostenkalkulationen, die zeigen, wie nahe wir den Zielkosten sind. Parallel errichten wir an unserem neuen Standort in Dortmund eine halbautomatisierte Musterfertigungsanlage. Ziel ist es, dort bis Ende des Jahres die Anlage in Betrieb zu nehmen und mit einer Fertigungskapazität von 50 MW Stacks zu produzieren, die wir Anfang 2024 in einem Demo-Projekt einsetzen werden. Ab 2025 wollen wir die Kapazität dann in den GW-Bereich erweitern, sofern der Wasserstoffmarkt entsprechend hochgefahren ist.
gwf: Wer werden dann Ihre Kunden sein?
Lüke: Unsere Kunden teilen sich in zwei Hauptgruppen. Die eine bilden Anlagenbauer und Systemintegratoren, die schon mit der Elektrolyse vertraut sind. Die andere, stetig wachsende Gruppe sind Unternehmen aus dem Anlagenbau, die noch keine Erfahrung mit dem Thema Wasserstoff haben. Wir versuchen, diesen Kunden den Markt zu öffnen. Wir bieten also neben dem Stack-Verkauf einen Engineering-Support an, indem wir geeignete Komponenten nennen, Empfehlungen zum Anlagen-Retrofit geben und so weiter.