Die Bundesverwaltung der Schweiz hat am 13. Dezember ihre nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. Darin geht sie von einer H2-Nachfrage von 0,8 bis 1,8 TWh im Jahr 2030 aus. Der Plan sieht vor, die H2-Nachfrage bis Mitte der 2030er-Jahre durch Eigenproduktion zu decken. Erste Projekte wie der neue 2-MW-Elektrolyseur der Axpo Group in Bürglen zeigen die praktische Umsetzung.
Bis Mitte der 2030er Jahre will die Schweiz ihre Nachfrage hauptsächlich durch inländische Produktion decken. Diese soll vor allem an bestehenden Kraftwerken oder direkt bei Großverbrauchern erfolgen, um den Infrastrukturaufwand zu minimieren. Die Strategie setzt dabei auf die Bildung von Wasserstoff- und Multi-Energy-Hubs in Industriegebieten, in denen Energieversorger und Industrieunternehmen Wasserstoff erzeugen und direkt vor Ort nutzen oder weiterverteilen können.
Ab 2035 rechnet der Bundesrat mit einem deutlichen Nachfrageanstieg, der die inländischen Produktionskapazitäten übersteigen wird. Bis 2050 könnte der Bedarf demnach 3,6 bis 10 TWh betragen. Indes sei diese Schätzung “sehr unsicher, da die Industrieunternehmen noch nicht wissen, auf welche erneuerbaren Energieträger sie in Zukunft setzen werden und auch bei der Mobilität unklar ist, wie gross der Anteil an Brennstoffzellenfahrzeugen sein wird. Der zukünftige Wasserstoffbedarf muss regelmässig neu abgeschätzt werden.
Für den Fall eines großen H2-Bedarfs im Jahr 2050 setzt die Schweiz auf den leitungsgebundenen H2-Import: Bis Ende 2025 will das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) eine Anbindung an das europäische Wasserstoffnetz prüfen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die geplante H2-Umrüstung der bestehenden Transportleitung von Deutschland und Frankreich über die Schweiz nach Italien.
Kantone entwickeln regionale H2-Konzepte
Bei der Umsetzung ihrer Strategie setzt die Schweiz auch auf öffentliche Förderung: Die heimische Wasserstoffproduktion und -speicherung soll über sechs Jahre durch das Klima- und Innovationsgesetz unterstützt werden. Die Strategie sieht zudem vor, die H2-Wirtschaft der Schweiz entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stärken. Durch die Entwicklung der dafür nötigen Technologien will die Regierung auch „den Bildungs- und Innovationsstandort Schweiz“ stärken.
Eine Schlüsselrolle kommt dabei den Kantonen zu: Sie sind aufgerufen, eigene Wasserstoffstrategien zu entwickeln und bürokratische Hürden abzubauen. Gemeinsam mit der Energiebranche sollen sie zudem die Aus- und Weiterbildung stärken, um dem erwartbaren Fachkräftemangel im H2-Sektor zu begegnen.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Infrastruktur: Das UVEK will ein Konzept entwickeln, um dem Schwerlastverkehr an allen wichtigen Nationalstraßen Wasserstofftankstellen bereitzustellen. Zudem plant das UVEK, die künftige Speicherinfrastruktur an einem „Runden Tisch” mit allen relevanten Akteuren zu diskutieren. Grundlage der hier abrufbaren Wasserstoffstrategie ist der Bericht “Wasserstoff. Auslegeordnung und Handlungsoptionen für die Schweiz”. Der Bundesrat hatte ihn am 15. November 2023 verabschiedet.
Energiebranche startet erste Projekte
Während die Politik die Rahmenbedingungen festlegt, sind eine Unternehmen bereits mit der Umsetzung beschäftigt. So hat der größte Energieversorger der Schweiz Axpo am 13. Dezember den Spatenstich für einen 2-MW-Elektrolyseur in Bürglen (Kanton Uri) vollzogen. Die Anlage soll ab 2026 jährlich bis zu 260 Tonnen Wasserstoff produzieren. Zu den Abnehmern zählt ein wasserstoffbetriebenes Passagierschiff auf dem Vierwaldstättersee.
Die Pläne für das Projekt hatte Axpo im Februar bekanntgegeben. Durch die unmittelbare Nähe zwischen Produktion und Abnahme demonstriert es den in der H2-Strategie der Eidgenossenschaft vorgesehenen Pragmatismus. Ende April hatte Axpo den derzeit größten Elektrolyseur der Schweiz in Betrieb genommen: Die 2,5-MW-Anlage befindet sich im Kanton Graubünden und bezieht ihren Strom aus einem benachbarten Flusswasserkraftwerk.