Wenn Metalle ihre Form oder Härte verändern sollen, ist oftmals ein intensiver Wärmebehandlungsprozess nötig. Diese industriellen Hochtemperaturverfahren führen jedoch häufig zu erheblichen Mengen an Treibhausgasen – insbesondere CO₂. Genau hier setzt das Demonstrationsprojekt HyHeat an: In Kooperation arbeiten die schwartz Gruppe aus Simmerath, Weltmarktführer im Bereich der Wärmebehandlungsanlagen für Presshärtung, und das Forschungszentrum Jülich daran, die CO₂-Emissionen zu reduzieren.
Im Fokus steht dabei eine spezielle Demonstrationsanlage, die bis Ende des Jahres bei der schwartz Gruppe errichtet wird. Diese Anlage ist Teil eines Wärmebehandlungsbereichs und ermöglicht erstmals einen nahtlosen Wechsel zwischen mehreren Brenngasen, inklusive Wasserstoff.
Projektkontext und Ziele
HyHeat ist ein Vorhaben des Helmholtz‑Clusters für nachhaltige und infrastrukturkompatible Wasserstoffwirtschaft (HC-H2). In diesem Rahmen kooperieren das Forschungszentrum Jülich und Partner im Rheinischen Revier mit dem Ziel, den Markteintritt wasserstoffbasierter, klimafreundlicher Technologien zu beschleunigen sowie neue wirtschaftliche Impulse im Zuge des Braunkohleausstiegs bis 2030 zu setzen.
Die schwartz Gruppe, die über 250 Mitarbeitende verteilt auf zehn Standorte weltweit beschäftigt und seit mehr als 40 Jahren Wärmebehandlungsanlagen für Stahl, Aluminium und Nichteisenmetalle entwickelt und produziert, steht im Zentrum des Projekts. Im Mittelpunkt des Demonstrationsvorhabens steht die emissionsarme Wärmebehandlung von presshärtbaren Stahlplatinen – also vorgefertigten Blechteilen, wie sie in der modernen, automobilen Karosserieleichtbauweise eingesetzt werden.
Die Platinen werden dabei in einem aufwendigen Verfahren auf über 900 °C erhitzt, um sie anschließend im gekühlten Presswerkzeug zu härten und zu verformen. Am Hauptsitz in Simmerath wird eine Anlage errichtet, deren Brenner auf verschiedene Brenngase – darunter Wasserstoff, Erdgas, Propan oder Brenngasgemische – eingestellt werden können. Die sogenannten Multifuel-Brenner wurden von der Tochtergesellschaft Econova GmbH entwickelt.
Nach der Installation folgt der Demonstrationsbetrieb: Gemeinsam mit dem Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) des Forschungszentrums Jülich wird bis Ende 2026 gezeigt, dass der flexible Einsatz von wasserstoffhaltigen Brenngasen ohne Qualitätseinbußen beim Produkt möglich ist. Gefördert wird das Vorhaben vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) mit 1,71 Millionen Euro bei einem Gesamtumfang von 2,44 Millionen Euro.
Technologien „Made in Germany“
„Durch die Förderung dieses Projekts leisten wir einen wichtigen Beitrag für eine klimabewusste Metallverarbeitung. Wasserstoff ist der Schlüssel, um den gesamten CO₂-Fußabdruck für Metallbauteile zu reduzieren. Mehr noch: Dieses Demonstrationsprojekt ermöglicht flexible Industrieprozesse, mindert Abhängigkeiten und verankert Wasserstoff im ländlichen Raum. Heute unterstützt Wasserstoffforschung einen erfolgreichen Strukturwandel im Rheinischen Revier – morgen lassen sich die Ergebnisse überregional auf emissionsintensive Prozesse übertragen. Mit diesem Weitblick gestalten wir gemeinsam die Energieversorgung der Zukunft: Mit Technologien ‘made in Germany’ schaffen wir Wohlstand und schützen das Klima.“ – Dr. Rolf-Dieter Jungk, Staatssekretär im BMFTR
Flexibilität und CO₂-Einsparung
Das Einsparpotenzial bei CO₂ ist beträchtlich: Eine Wärmebehandlungsanlage für das Presshärten verursacht jährlich bis zu 3 000 Tonnen CO₂-Emissionen.
„Die Nachfrage nach klimafreundlich hergestellten Bauteilen wächst. Neben der elektrisch beheizten Wärmebehandlung sind Systeme mit Brenngasen weiter stark gefragt. Wir wollen unseren Kunden die hier größtmögliche Flexibilität geben. Mit einer Anlage, wie wir sie bei HyHeat demonstrieren, haben die Kunden später die Möglichkeit, die Brenngaszusammensetzung im laufenden Betrieb ohne Modifikation der Beheizungseinrichtung zu variieren. Dabei erkennt die Anlage automatisch das zugeführte Brenngas bzw. Brenngasgemisch und passt leistungskonstant die Verbrennungsregelung an“, sagt Frank Wilden, Technischer Leiter der schwartz GmbH.
Die wasserstofffähige Anlage bietet den Nutzern langfristige Planungssicherheit – unabhängig von der weiteren Entwicklung auf dem Gasmarkt.
„Uns ist wichtig, die Innovation der Wärmebehandlungsanlagen voranzutreiben. Mit dem Demonstrationsvorhaben und der späteren Anwendung in der Praxis leisten wir einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und wir zeigen unseren Kunden, wie sie Wasserstoff integrieren können“, erklärt Inhaber und Geschäftsführer Alexander Wilden.
Die Suche nach dem passenden Speicher
Das INW des Forschungszentrums Jülich untersucht im Rahmen von HyHeat via Simulationen, welche Speichertechnologie sinnvoll ist, falls keine Pipelineversorgung mit Wasserstoff möglich ist. Besonderes Augenmerk liegt auf chemischen Speichermöglichkeiten, bei denen Wasserstoff in ein größeres Molekül eingebunden und so einfacher gespeichert und transportiert werden kann – mit integrierter Wärmeintegration.
„Die Wärmebehandlungsanlagen der schwartz Gruppe erwärmen die Platinen indirekt. Die Flamme des Brenners erhitzt ein Metallrohr von innen, welches die Wärme dann über die Außenseite an die Stahlplatine abgibt. Das heiße Abgas tritt aus dem Rohr aus, ohne mit den Platinen in Kontakt zu kommen. Wir wollen die im Abgas enthaltene Energie für den Freisetzungsprozess des Wasserstoffs aus dem größeren Molekül nutzen“, sagt Philipp Morsch, der die wissenschaftliche Begleitung am INW koordiniert. Some Temperaturen of at least 290 °C are necessary to release the hydrogen from the carrier molecule. For this, previously unused waste heat is to be integrated.
„Eine Herausforderung ist die zeitlich nicht konstante Abwärme, da die Brenner häufig ein- und ausgeschaltet werden. Wir wollen herausfinden, welcher chemische Wasserstoffspeicher für diese Bedingungen am besten geeignet ist“, erklärt Philipp Morsch.
Chemische Wasserstoffspeicher könnten künftig Verbraucher ohne Pipeline-Anschluss betriebssicher versorgen. Möglich wird dies durch Trägermoleküle – wie etwa Dimethylether, Methanol oder sogenannte LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier) – die Wasserstoff binden und bei Bedarf freisetzen. Das entladene Trägermolekül bleibt zurück und kann erneut mit Wasserstoff beladen werden, ähnlich dem Prinzip einer Pfandflasche.