29.08.2011
Zu den Zielen der europäischen Politik zur Rohstoffsicherung zählen „der verbesserte Zugang zu Rohstoffen in rohstoffreichen Ländern und die Schließung von Stoffkreisläufen im Inland“, formulierte der Organisator der Tagung, Karl J. Thomé-Kozmiensky, im Vorwort zum Tagungsband. Im Einzelnen definierte Daniel Goldmann von der Technischen Universität Clausthal, man müsse die Primärrohstoff-Gewinnung verstärken, Substitutionsmöglichkeiten für kritische Rohstoffe entwickeln und neue Recyclingtechnologien finden und -strukturen auszubauen. Im Jahr 2008 importierte allein Deutschland Rohstoffe im Wert von 126 Milliarden Euro, förderte im Inland aber nur Materialien im Wert von zehn Milliarden Euro.
Bereits die Gewinnung von Primärrohstoffen ist ein offenkundiges Problem. Nach Ansicht von Martin Faulstich, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates für Umweltfragen, benötigt die High-Tech-Industrie mittlerweile 60 Elemente, deren Beschaffung als mehr oder weniger riskant eingestuft werden kann. Ihre Risikobewertung hängt von der zeitlichen Reichweite, der Konzentration auf wenige Länder und wenige Unternehmen und der Substituierbarkeit der Elemente ab. So reichen beispielsweise die heute bekannten Vorkommen an Platingruppenmetallen zwar 177 Jahre, sind jedoch zu 91 Prozent auf drei Länder und zu 73 Prozent auf drei Unternehmen konzentriert und durch kein anderes Material ersetzbar. Ähnliches gilt für das nicht substituierbare Molybdän: Hier sind Vorräte für 44 Jahre vorhanden, die aber zu 80 Prozent von drei Ländern und zu 49 Prozent von drei Unternehmen kontrolliert werden.
Weit entfernt von Effizienzzielen
Hinzu kommt, so Faulstich, dass diese Stoffe nicht optimal genutzt werden. Genauer gesagt: Europa ist von den für 2020 gesetzten Zielen der Ressourceneffizienz noch weit entfernt. Zwar wurden seit 1994 Rohstoffentnahme und -importe auf gut 89 Prozent gesenkt. Jedoch konnte die Rohstoffproduktivität, die bis zum Jahr 2020 auf 200 Prozent gegenüber 1994 gesteigert werden soll, bislang um lediglich 39 Prozent angehoben werden. Immerhin sei zukünftig damit zu rechnen, dass der jetzige Verbrauch fossiler Rohstoffe auf dem Chemiesektor durch den Einsatz erneuerbarer Energien und synthetisch hergestellten Kohlenwasserstoff substituiert wird und die stofflichen Eigenschaften von Biomasse besser genutzt werden.
Daher müsse bei der Gestaltung von Produkten ihr Nutzen, was Lebensdauer und Funktionalität anlangt, gehoben und der Aufwand zu ihrer Herstellung, zum Beispiel durch Leichtbau oder Substituierung, verringert werden. Recyclingfähigkeit durch verbessertes Produktdesign und größere Innovationsoffenheit für Upgradings seien entsprechende Ansätze. Höhere Sharing- und Leasing-Quoten bei der Auslastung von Fahrzeugen könnten den Materialeinsatz besser amortisieren und Reparatur wie Rücknahme erleichtern. Ebenso würden erhöhte Langlebigkeit und Multifunktionalität wie bei IT-Geräten den Rohstoffeinsatz optimieren. Vom Gedanken eines hundertprozentigen Recycling müsse man sich jedoch freimachen: Dispersionsverluste, systemisch bedingte Verluste von Kleinteilen oder Altautos und Deponierung als Abfall machten eine vollständig geschlossene Wertstoffkette unmöglich ...
Quelle: EU-Recycling / Berliner Recycling- und Rohstoffkonferenz