17/11/2011
Noch offen sind allerdings Fragen wie die nach der Wirtschaftlichkeit, der Netzbelastung und ob alle häuslichen Steckdosen wirklich für den elektromobilen Alltag taugen.
Ob Wallboxen, Wechselstromladesäulen oder Schnellladestationen: Die aktuellen Ladesysteme für Elektrofahrzeuge sind technisch so weit ausgereift, dass sie sofort eingesetzt werden können, ergaben Untersuchungen des TÜV Süd u. a. in Kooperation mit E.ON. „Durch die Modellregionen kam eine relative Schwemme von neuen Ladesystemen. Davon sind einige durch unsere Labore gegangen und wir haben viel Erfahrung gewonnen, was die Hersteller falsch machen und worauf man achten muss“, berichtet Volker Blandow, Head of E-Mobility beim TÜV Süd. Zu beanstanden seien aber stets nur kleinere Dinge gewesen – wie die IP-Schutzklasse oder ein ausreichender Schutz gegen Insekten oder Marder.
Im Einklang mit den europäischen Autobauern und dem Herstellerverband ACEA haben sich die deutschen Hersteller zudem auf den Typ-2-Stecker als einheitliche Schnittstelle geeinigt.
Geht es um die Ladeinfrastruktur, setzten alle Akteure bislang vor allem die heimische Steckdose, die Wallbox in der Garage oder die Ladesäule am Firmenparkplatz. Im aktuellen Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) decken sie im Szenario bis 2014 mehr als 80 Prozent des Bedarfs ab. Ergänzend soll es rund 19 500 öffentliche oder halböffentliche Ladepunkte geben, davon 245 zur Schnellladung mit Gleichstrom.
Die Stromerzeuger haben bereits mit einem Aufbau dieses Ladenetzes begonnen. So stehen in 185 Kommunen Ladepunkte der RWE-Effizienz GmbH, die dabei häufig mit Stadtwerken, Technologieunternehmen oder Tankstellenbetreibern kooperiert. E.ON beginnt derzeit mit dem Aufbau von Schnellladestationen entlang deutscher Autobahnen. Die erste wurde Ende August an der A8 installiert. In der Testphase soll einmal Schnellladen zunächst pauschal fünf Euro kosten.
Im Gegensatz zu Wechselstrom-Ladestellen, bei denen eine Tankfüllung mehrere Stunden dauert, ist die Schnellladung mit Gleichstrom nach 20 bis 30 Minuten abgeschlossen. E.ON wolle künftig ausschließlich öffentliche Ladestationen betreiben, an denen der Ladevorgang nur ein paar Minuten dauere: „Nur mit kurzen Ladezeiten sind solche Stationen im öffentlichen Raum für Kunden und Energieversorger gleichermaßen attraktiv“, erklärt E.ON-Vorstand Klaus Dieter-Maubach.
Volker Blandow kann sich nicht vorstellen, dass die großen Energieversorger die Ladeinfrastruktur auch noch „am Ende des Tages“ betreiben werden: „Die Wirtschaftlichkeit ist momentan nicht gegeben und auch zukünftig fraglich, wenn man nur die Dienstleistung des Stromverkaufens über diese Ladestation abwickelt“, denkt er. Mit knapp 5 000 bis hin zu 9 000 Euro Investitionskosten pro Ladepunkt rechnet die NPE, dazu kommen die Betriebskosten und die langen Ladezeiten an Wechselstromladesäulen. Schnellladestellen setzen zwar mehr Strom um, sind dafür aber wesentlich teurer. Zudem birgt die Schnellladung ein weiteres Problem: Sie soll mit zunächst 50 kw, später auch 100 kw Leistung arbeiten. Ob die derzeitigen Ortsnetze das mitmachen bleibt abzuwarten. Zwei, drei Ladespots, das sei schon jetzt machbar, glaubt Blandow. „Das entspricht in etwa einem kleineren Industriebetrieb. Aber wenn ich dieses Konzept in der Fläche massiv ausrolle, muss ich das Netz stark verändern“, gibt er zu bedenken.
Darf sich aus Kostengründen am aktuellen Netz nicht viel verändern, sollte die Ladeleistung möglichst gering und konstant ausfallen. Elektromobilisten, die ihre Stromer über acht Stunden und des nachts laden, erzeugen keine Stromspitzen. Von den insgesamt 118 000 bis 2014 laut NPE benötigten Ladepunkten sollen denn auch gut 62 000 auf heimische Garagen oder Stellplätze entfallen.
Allerdings: Viele Steckdosen sind für das Aufladen von Elektrofahrzeugen nur bedingt geeignet – vor allem wenn sie sich in einem der 11 Millionen Haushalte mit einem Netz aus der Zeit vor 1960 befinden. „Bei einem üblichen Ladevorgang eines Elektroautos fließen 13 Ampere über zehn Stunden. Dabei kann es zu Überhitzung gerade bei älteren Installationen kommen“, warnt der TÜV-Experte und empfiehlt deshalb grundsätzlich auch bei neueren Gebäuden vorab prüfen zu lassen, ob das Hausnetz der Belastung standhält.
Quelle: PRODUKTION.DE