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16/12/2011

Extreme Anforderungen: Ventile für die Energietechnik

Armaturen – wie Pumpen, Ventile, Schieber und Regler – steuern den Durchfluss und beeinflussen Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Anlagen. Einen Überblick über den Stand der Armaturentechnik gibt die Fachmesse für Industrie-Armaturen und Ventile Valve World Expo, die vom 27. bis 29. November 2012 zum zweiten Mal auf dem Düsseldorfer Messegelände stattfindet.

Wachsender Energiebedarf

Generell steigen die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Rohrsystemen und damit auch an die technologischen Eigenschaften der Armaturen. Beispielhaft hierfür ist der Energiesektor, von der Gewinnung der Energieträger über deren Ausbeutung bis hin zur Erzeugung der elektrischen Energie in Stromgeneratoren. Zu den Herausforderungen, vor denen die an der Stromerzeugung direkt oder indirekt mitwirkenden Unternehmen stehen, gehört, den Wirkungsgrad und die Wirtschaftlichkeit ihrer Systeme zu verbessern, Ressourcen schonend zu arbeiten und ökologische Belange zu berücksichtigen.

Trotz intensiver Bemühungen, vermehrt erneuerbare Energiequellen wie Wasserkraft, Sonnenstrahlung, Windkraft oder Erdwärme zu nutzen, spielen im „Energiemix“ fossile Energieträger nach wie vor eine zentrale Rolle. Die dazu nötige Weiterentwicklung der Erdöl- und Erdgasförderung beruht größtenteils auf Tiefsee-Projekten, was immer größere technologische Herausforderungen mit sich bringt. Ein spektakuläres Beispiel dafür, welchen Belastungen Rohrleitungen und Armaturen dort ausgesetzt sind und welche Folgen ein Versagen nach sich zieht, ist der Fall der im April 2010 explodierten Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko. Sie wurde weltweit bekannt, weil sich ihr „Blowout Preventer“ (BOP), ein Sicherheitsventil am Meeresgrund in 1500 m Tiefe, nicht schließen ließ und somit nicht verhindern konnte, dass monatelang gewaltige Mengen an Erdöl ausströmten und eine bislang einzigartig große Umweltkatastrophe verursachten.

Das Öl stammte aus einem rund 4000 m unter dem Meeresgrund liegenden Erdölfeld und stand wegen der mehrere tausend Meter Gestein, die darauf lasten, unter einem Druck, der nach Aussagen von Fachleuten bis zu 600-mal höher ist als der Luftdruck an der Erdoberfläche. Wegen der immensen Belastungen an der Austrittstelle hatte das aus Stahl gefertigte Sicherheitsventil riesige Abmessungen: Es war 300 t schwer und 15 m hoch. Theoretisch hätten bei Störungen in drei Etagen angebrachte, hydraulisch betätigte Schieber das knapp 50 cm dicke Förderrohr verschließen sollen. Ein Untersuchungsausschuss des US-Kongresses fand aber heraus, dass das anfangs als „absolut pannensicher“ eingestufte Ventil 260 Fehlermöglichkeiten hatte. Die neuesten BOPs sind so ausgelegt, dass sie einem Öldruck von rund 3500 bar standhalten und in Tiefen bis 4600 m und bei Temperaturen bis 260 °C funktionieren sollen.

Thermische Kraftwerke

In Dampfkraftwerken, die fossile oder nukleare Brennstoffe verarbeiten, sind neben den Hauptkomponenten wie Dampfturbine und Dampferzeuger die Rohrleitungen und Armaturen wesentliche Bestandteile. Je höher der Wirkungsgrad eines Kraftwerks ist, um so effizienter können die Energieträger ausgenutzt werden. Im Falle von konventionellen Kraftwerken lässt sich so aus der gleichen Menge Brennstoff mehr Energie erzeugen. Anders ausgedrückt sinken bei der Nutzung fossiler Brennstoffe die umweltschädlichen Emissionen, da für die gleiche Menge Strom weniger Ressourcen benötigt werden. Der Wirkungsgrad lässt sich oft durch Modernisierungsmaßnahmen erhöhen. Die 700-°C-Technologie zielt darauf ab, mit höheren Dampftemperaturen zu arbeiten und so den Wirkungsgrad zu steigern. Für hochbeanspruchte Komponenten ist der Einsatz von Nickelbasislegierungen nötig. Um einem Druck von 350 bar standzuhalten, müssen einer Meldung des Kraftwerkbetreibers E.ON Kraftwerke zufolge die Rohre und Armaturen der Frischdampfleitung Wandstärken von bis zu rund 80 mm aufweisen. Derzeit testet das Unternehmen verschiedene Fertigungs- und Verarbeitungsverfahren für derartige Rohrleitungen und Armaturen.

Erdwärme und Windkraft

Die Ausbeutung von Windenergie und Wärmeenergie aus dem Boden gewinnt vielerorts an Bedeutung, zumal dabei keine schädlichen Abfallstoffe entstehen. Die hydrothermale Geothermie nutzt die Wärmeenergie von heißem Wasser, das aus tiefen Bohrlöchern gewonnen wird. Das Funktionsprinzip des „Hot-Dry-Rock-Verfahrens“ entspricht einem unterirdischen Wärmetauscher zwischen mindestens zwei Bohrlöchern. In das eine Bohrloch wird kaltes Wasser mit einem Druck von bis zu 150 bar eingepresst, nimmt Wärme aus heißem Gestein auf und wird an einem anderen Bohrloch wieder entgegengenommen. Die Wärmeenergie wird genutzt, um Generatoren anzutreiben und so Strom zu erzeugen.

Das erste große, nach diesem Prinzip arbeitende Kraftwerk in Europa in Soultz-sous-Forêts (Elsass) erbrachte in einem viermonatigen Test im Jahr 1997 heißes Wasser mit einer Temperatur von 142 °C. Die Bohrungen wurden mittlerweile auf über 5000 m vertieft, um Temperaturen von 200 °C zu erreichen. Damit ließe sich ein Kraftwerk mit Dampftemperaturen von gut 180 °C zur Stromerzeugung betreiben. Stand der Technik in derartigen Geothermie-Systemen ist es außerdem, den Thermalwasserkreislauf unter Überdruck zu betreiben, um das Entweichen von Gasen zu verhindern, die im Thermalwasser gelöst sind.

Zu den herausragenden Geothermie-Projekten gehört auch das nicht allzuweit von Soultz-sous-Forêts entfernte Geothermie-Kraftwerk in Landau in der Pfalz, das knapp 160 °C heißes Wasser aus etwa 3000 m Tiefe zur Erzeugung von Strom und Fernwärme nutzt. Das Wasser steht unter einem Druck von mindestens 20 bar. Die Armaturen, beispielsweise Förderpumpen, Druckhalte- und Sicherheitsventile müssen hohe thermomechanische Belastungen aushalten und darüber hinaus auch sehr korrosionsbeständig sein, da das aus dem Boden stammende Wasser sehr salzhaltig ist. Die Armaturen, vor allem am Bohrlochkopf, ähneln denen, die in der Erdölindustrie verwendet werden.

Auch die Nutzung von Windenergie macht viel von sich reden. Derzeit entstehen an vielen europäischen Meeresküsten im Offshore-Bereich Windenergieanlagen, so ein „Mega-Windpark“, der mit 15 GW dieselbe Leistung wie 15 Kernkraftwerke erreichen und bis zum Jahr 2020 ein Viertel des Energiebedarfs Großbritanniens liefern soll. In Windenergie-Kraftwerken wird die Bewegungsenergie des Windes von Rotorblättern in eine Drehbewegung umgelenkt und danach in einem Generator in elektrischen Strom umgeformt. Armaturenhersteller finden auch hier ein weites Bestätigungsfeld, da zahlreiche, zum Teil elektronisch gesteuerte Hydrauliksysteme nötig sind, um beispielsweise bei unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten die Rotorblätter stufenlos zu verstellen, Bremssysteme zu betätigen, Schmier- und Kühlaufgaben wahrzunehmen und Notabschaltungen durchzuführen. Bestimmte Ventile sind tage- oder monatelang elektrisch eingeschaltet, wobei sie unter Druck stehen und stets zuverlässig funktionieren müssen. Siemens, ein führender Anbieter von Offshore-Windenergie-Anlagen, wies kürzlich darauf hin, dass die Anwender seiner umweltfreundlichen Technologien im Jahr 2009 so viel Kohlendioxid-Emissionen einsparen konnten, wie die Städte New York, Tokio, London und Berlin pro Jahr ausstoßen.

Vielversprechende Märkte – vielversprechende Möglichkeiten

Der weltweit ständig wachsende Energiebedarf und die vielfältigen Techniken, elektrischen Strom zu gewinnen, bieten den Herstellern von Armaturen aller Art lukrative Betätigungsfelder. Die Valve World Expo, Weltleitmesse für Industrie-Armaturen und Ventile, ist der ideale Ort, um sich umfassend über das Produkt- und Dienstleistungsangebot auf diesem Gebiet zu informieren und die jüngsten technischen Trends zu analysieren. Sie richtet sich vorrangig an Fachbesucher aus der Erdöl- und Erdgasindustrie, der Energieversorgung, der Wasserwirtschaft, der chemischen, pharmazeutischen und Nahrungsmittelindustrie, der Marine- und Offshore-Industrie sowie an Spezialisten aus dem Maschinen- und Anlagenbau, dem Motoren- und Fahrzeugbau und dem Schiffsbau.

Quelle: Messe Düsseldorf