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13.09.2010

Ausbau der Stromnetze wegen erneuerbarer Energien

Damit die Windenergie zum Verbraucher gelangen kann, muss das bestehende Stromnetz erheblich ausgebaut werden, sonst sind die ehrgeizigen energiepolitischen Ziele nicht zu erreichen, sagen Wissenschaftler der Universität Rostock. „Es muss möglichst sofort mit dem Ausbau der Übertragungsnetze, mit denen der Strom aus dem Norden in die südlichen Industriezentren und in die bevölkerungsreichen Regionen Deutschlands geleitet werden kann, begonnen werden“, erklärt Christian Ziems, Doktorand bei Prof. Dr. Harald Weber, Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgung der Universität Rostock, der zu dem Thema seit Jahren forscht. Über den Verlauf der dazu erforderlichen Trassen gibt bereits die DENA-I-Studie Auskunft. „Wenn der Netzausbau in den nächsten fünf Jahren nicht voranschreitet und den bereits entstandenen Rückstand aufholt, dann können die Ziele der Bundesregierung nicht erfüllt werden“, prophezeit Ziems.

Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber wie 50Hertz Transmission GmbH haben das Problem erkannt. „Es gibt aber massiven Widerstand in der Bevölkerung gegen den Freileitungsbau“, sagt Ziems. Und dass, obwohl die alternative unterirdische Kabeltechnologie um etwa das Zehnfache teurer wäre. „Da ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.“

Die Bundesregierung will bis Ende September 2010 die Eckpunkte der deutschen Energiepolitik in einem Konzept vorlegen. Derzeit ist das Energieversorgungsnetz in Deutschland so konzipiert, dass man verbrauchernah in großen Kraftwerken Strom erzeugt. In Zukunft muss aber beispielsweise durch verbraucherferne Offshore-Windparks auf dem Meer über große Entfernungen die Energie zum Verbraucher geführt werden. „Solange es keine zusätzlichen Großspeichertechnologien gibt und die Einspeiseleistung der regenerativen Erzeugungsanlagen niedriger ist als der aktuelle Verbrauch, muss es zur Ausregelung der Windenergie konventionelle Kraftwerkstechnik als Übergangstechnologie ins regenerative Energiezeitalter geben“, sagt Ziems. Denn die Menschen und die Wirtschaft mit ihren Verbrauchsgewohnheiten sind das Maß aller Dinge für die Strombereitstellung und nicht der willkürlich einspeisende Wind.

Das Institut für Elektrische Energietechnik an der Universität Rostock unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Harald Weber geht davon aus, dass bis zum Jahr 2020 in Deutschland die Einspeisung von Windenergie an Land bis zu 37 Gigawatt und durch Offshoreanlagen auf See bis zu 14 Gigawatt betragen wird. Hierbei wird Mecklenburg-Vorpommern mit etwa 2,8 Gigawatt onshore und etwa 3,0 Gigawatt offshore zur Windeinspeisung beitragen. „In Mecklenburg-Vorpommern wird bei guten Windlagen mehr Energie erzeugt, als verbraucht wird“, sagt Weber. Da der Verbrauch in Mecklenburg-Vorpommern heute zwischen 400 und 1100 Megawatt schwankt und die Verbrauchszuwächse eher gering eingeschätzt werden, wird sich das Bundesland an windreichen Tagen zum Energie-Exporteur entwickeln. Mit den derzeit bestehenden Übertragungskapazitäten können die hohen Einspeisungen aus regenerativer Energie aber nicht abtransportiert werden. Für den Fall, dass das Netz nicht ausreiche, müssten dann Windkraftanlagen abgeschaltet werden. „Das wäre unter Umweltgesichtspunkten paradox“, so Prof. Weber, „denn jede Megawattstunde Windenergie - die einem 100-Liter-Tank Benzin entspricht - wird völlig CO2-frei erzeugt“.

Erneuerbare Energien aus Wind, Sonne, Wasserkraft oder Erdwärme tragen heute mit rund 16 Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland bei. Bis 2050, so das ehrgeizige Ziel der Bundesregierung, soll Deutschland zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgt werden. Eine wichtige Rolle wird dabei die Windkraft spielen. Mecklenburg-Vorpommmern ist bundesweit der Vorreiter, da hier bereits 2009 die Hälfte des Stromverbrauchs regenerativ erzeugt wurde, auch wenn das Land zu den Bundesländern mit verhältnismäßig niedrigem Gesamtverbrauch zählt. In den fünf neuen Bundesländern befindet sich fast die Hälfte aller Windkraftanlagen Deutschlands.

Christian Ziems stören die vielen Windräder am weiten Mecklenburger Horizont nicht. „Für mich ist entscheidend, dass hier umweltfreundliche elektrische Energie erzeugt wird. Es entstehen keine CO2-Emissionen und es fällt kein radioaktiver Abfall an. Gute Vorzeichen für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern“. Ziems arbeitet an dem Forschungsprojekt zum Thema „Kraftwerksbetrieb bei Einspeisung von Windparks“ in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Technische Thermodynamik von Prof. Egon Hassel an der Universität Rostock.

Quelle: Universität Rostock, harald.weber@uni-rostock.de